DER URSPRÜNGLICHE BAU VOITS

Der in den Jahren von 1846 bis 1853 durch August Voit errichtete erste Bau der Neuen Pinakothek fiel durch seine streng geschlossene Form auf: Damals noch auf weitem, nahezu unbebautem Feld gelegen, mußte der langgestreckte, strenge Kubus beinahe wie ein „Klotz“ wirken. Der zweieinhalbgeschossige, 107 Meter lange Bau orientiert sich sowohl in seiner Ausrichtung als auch im Dekor fast ausschließlich an der Horizontalen: Das vom Sockelgeschoß durch ein waagerechtes Gesims getrennte Erdgeschoß akzentuierte Voit durch eine strenge Reihung von Rundbogenfenstern und einen umlaufenden ornamentalen Fries. Das Obergeschoß ziert ein horizontal verlaufender Freskenzyklus. Darüber wird die Tendenz zur Horizontalen schließlich durch einen zurückgesetzten, kubischen Aufsatz vollendet, welcher den Mittelsälen eine gesteigerte Höhenwirkung und Oberlicht ermöglichte. Lediglich die jeweils vier unauffälligen Pilaster der Längs- und Querseiten setzen vorsichtige vertikale Zäsuren.

Der das gesamte Gebäude umlaufende, großformatige Freskenzyklus Christoph Nilsons (Entwürfe Kaulbachs) sollte laut Auftrag Ludwigs I. „die neuere Entwicklung der Kunst..., wie sie durch seine Majestät den Koenig hervorgerufen, von München ausgegangen“ illustrieren, wodurch sowohl die patriotische Intention, als auch der zeitgenössische Schwerpunkt der angestrebten Sammlung programmatisch im Dekor des Außenbaus ablesbar wurde. Dennoch war die Ausführung der Fresken nicht unumstritten: Franz Pocci äußerte 1872 stellvertretend für die öffentliche Meinung: „Ein Mißgriff allerdings war es, daß ihm [Kaulbach] König Ludwig Gelegenheit gab, die Schattenseite seines Talentes für die Karikatur im Großen durch die Freskos [...] zu verwenden, zum Teil schmähliche Darstellungen, welche glücklicherweise durch klimatischen Einfluß allmählich ihrer Zerstörung sich nähern“.

Obwohl der Abriß des im Krieg schwer getroffenen Ursprungsbaus der Neuen Pinakothek sicherlich im Sinne Poccis gewesen ist, bedeutete er gleichzeitig einen herben Verlust für die Münchner Architekturlandschaft. Doch er war auch eine Chance für moderne, innovative Ideen im Museumsbau.


NEUE PINAKOTHEK