Vor dem Ehrenhof der Ruhmeshalle
erhebt sich über einer Freitreppe auf steilem Sockel die 20 m hohe bronzene
Kolossalstatue der Bavaria. Über 126 Stufen in ihrem Innern erreicht
man ihren Kopf, von dem aus man einen weiten Blick über die Stadt hat.
Ludwig von Schwanthaler (1802-1848), einer angesehenen bayerischen
Bildhauerfamilie entstammend, beschäftigte seit 1820 in seiner Werkstatt
bis zu 50 Schüler und Angestellte. 1826/27 und 1832-34 erhielt er unter
Ludwig I. Stipendien für Romaufenthalte, die ihn u. a. in das Atelier
des klassizistischen Bildhauers Berthel Thorwaldsen führten. Ab 1835
war er als Professor der Bildhauerklasse in München tätig.
Seine Werke zeichnen sich durch eine Distanzierung vom Klassizismus hin zu
einer schwärmerischen Mittelalterverehrung und Hinwendung zu Märchen-
und Sagenwelt der Spätromantik aus, deren bedeutendster plastischer Vertreter
er wurde.
Die gigantische Bronzestatue sollte den bayerischen Staat repräsentieren,
und dem jungen, 1806 gegründeten Königreich als patriotisches Symbol
dienen. Ein früherer Entwurf Klenzes, eine antikisierende Bavaria in
der Art einer Amazone, wurde von Schwanthaler nach romantischen Vorstellungen
abgewandelt. Es blieb zwar das klassizistische Grundmuster mit kontrapostischem
Aufbau und langem zeitlos-antikischem Untergewand erhalten, alle Attribute
sollten jedoch den patriotischen Habitus des Denkmals betonen. Das gegürtete
Bärenfell und die Eichenkränze auf dem Haupt und in der hoch erhobenen
linken Hand der Bavaria stellten nach Auffassung der Romantiker germanische
Symbole des Glaubens, der Stärke und Größe dar. Dazu kam das
Schwert als allgemeinverständliches Zeichen für Macht und Wehrhaftigkeit,
und der Löwe, der in Länder-Allegorien häufig für Kraft
und Stärke stand, und sich dann im 19. Jh. als heraldisches Zeichen für
Bayern durchsetzte. Die Bavaria diente aber nicht nur als allgemeine Personifikation
Bayerns, sondern bezog sich mit den Eichenkränzen, die in der damaligen
Zeit zur Auszeichnung bürgerlicher Tugenden dienten, direkt auf die Bestimmung
der Ruhmeshalle.
Die Kolossalstatue wurde zwischen 1843 und 1850 unter der Leitung Ferdinand
von Millers in der Königlichen Erzgießerei gegossen - eine bewundernswerte
technische Leistung hinsichtlich der damals beispiellosen Größe
der Figur.
Diese epochale Denkmalsfindung zog eine Reihe von Kolossalstatuen nach sich,
die in der Freiheitsstatue von New York, von Frédéric Auguste
Bartholdi 1875 - 1886, gipfelte.