Von den vortheilhaften Gegenständen.
Die einfache Darstellung rein menschlicher Handlungen
scheint der Kunst und durch sie uns selbst wieder am
nächsten zu liegen; es bedarf bey ihnen keiner
Erklärung sie wirken unmittelbar. Wir gehen deswegen
von ihnen aus, und denken sie uns auf einer gewissen
Stufe. Höher hinauf setzen wir die historischen
Darstellungen, einzeln oder im Cyklus, dann folgen die
Characterbilder, ferner die erfundnen (poetischen) mythischen
und allegorischen Bilder, ganz zu oberst setzen wir
die symbolisch bedeutenden, ebenfalls einzeln oder im
Cyklus.
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Rein menschliche Darstellungen.
Unter rein menschliche Darstellungen sind vornehmlich
zu zählen alle diejenigen sogenannten Madonnenbilder
und heiligen Familien, deren Figuren, in Gestalt und
Zügen, nicht über schöne Natur und Menschheit
erhoben sind, wenn wir einige conventionelle Zeichen,
z. B. den goldenen Schein um die Köpfe, und allenfalls
episodische Nebenfiguren von Engeln, oder dem weissagenden
kleinen Johannes dabey übersehen wollen, so können
beynahe alle insgesammt unter diese Klasse gerechnet
werden; denn die neuere Kunst erhob sich in wenigen
von diesen Bildern bis zur höhern symbolischen
Bedeutung, und was sind die übrigen anders als
Mütter, welche ihre Kinder pflegen, tränken,
ankleiden, zart und liebend in die Arme schließen?
[...] Gedachtes Bild hat nichts von dem Hohen, Heiligen,
Himmlischen, was wir mit der Idee von der Mutter Gottes
zu verbinden pflegen, oder verbinden müßten,
sondern es ist blos reine, treue Darstellung der reinsten
Menschlichkeit, und gerade daher fließt der unendlich
unwiderstehliche Reitz, daher liegt es allen Wünschen
und Hoffnungen eines jeden Herzens so nahe, und bedarf
keines fernern Zweks, keiner andern Bedeutung. [...]
Historische Darstellungen.
Historische Darstellungen, wenn sie auf der Basis des
Rein-menschlichen der Handlung ruhen, und sich selbst
aussprechen, also die Bedingungen eines Kunstwerks als
Gegenstand erfüllen, haben darum ein größeres
Interesse, weil überdem, daß sie das Gemüth
ansprechen, der Verstand noch einen andern Bezug an
ihnen ausfindig macht. [...]
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