HOME

    
    
        
 
   
   
     
     
     
        
    
    
    
    
    
    

 

 

Kraus, Abendgesellschaft, um 1795

Neubegründung der Kunst aus dem Geist der Literatur: Goethes Preisaufgaben

Die von 1799 bis 1805 jährlich veranstalteten Preisaufgaben hatte Goethe als Haupt einer Gruppe durchgeführt, welche den einsendenden Künstlern und der Öffentlichkeit gegenüber als "Weimarer Kunstfreunde" auftrat. Ihnen gehörten neben Goethe Friedrich Schiller, Ludwig Fernow (1763-1808, seit 1804 in Weimar) und der Schweizer Johann Heinrich Meyer (1760-1832) an. Meyer und Goethe hatten sich in Rom kennengelernt; 1791 kam Meyer nach Weimar, wo er fortan als Berater Goethes in Fragen der bildenden Kunst tätig war.
Gemeinsam gründeten sie 1798 die Zeitschrift "Propyläen", welche die Weimarer Kunstideale propagieren sollte. Goethe eröffnete das Periodikum mit einer programmatischen Einleitung, und Meyer verfaßte nach Goethes Vorgaben den Aufsatz "Über die Gegenstände der bildenden Kunst". Die Vorgaben, von Goethe am 13. Oktober 1797 niedergeschrieben, begannen mit zwei grundsätzlichen Bemerkungen, welche Goethes Vorstellungen

prägnant zusammenfaßten: "Von der bildenden Kunst verlangt man deutliche, klare, bestimmte Darstellungen. Ob diese nun bis auf den höchsten Grad der Ausführung möglich seien, dabei kommt viel auf den Gegenstand an und es ist also von der größten Bedeutung, was der Künstler für Gegenstände wählt und welche er zu behandeln geneigt ist. Die vortheilhaftesten Gegenstände sind die, welche sich durch ihr sinnliches Dasein selbst bestimmen."
Um die Gegenstandslehre zu etablieren, ersuchte Goethe die Künstler, im Rahmen von Preisaufgaben bestimmte Themen zu bearbeiten, die er eigens ausgesucht hatte. Als Anreiz zur Teilnahme sollte weniger das mäßige Preisgeld dienen, vielmehr hoffte Goethe, die Künstler mit der lobenden Besprechung ihrer Werke in den Propyläen zu locken. Goethe hoffte zugleich, daß die Künstler durch die auf diese Weise erregte öffentliche Aufmerksamkeit zu Aufträgen gelangten, die zu jener Zeit wenig vergeben wurden. Die Kritik der Einsendungen wurde in der "Jenaer Allgemeinen Literaturzeitung" fortgesetzt, nachdem die "Propyläen" wegen zu geringer Verkaufszahlen im Jahr 1800 eingestellt wurden.

  Seite 1/3 >>