Quellengruppe
3: Ausstellungsbesprechungen von Carl Blechens Bildern
Auf der Ausstellung der Akademie der Künste
1830 gezeigte Bilder
Kat. Nr. 46: Der Mittag. Ein Blick von Civita Castellana
in die Ebene und auf den Monte Soracte.
Kat. Nr. 47: Der einbrechende Abend. Ein Bild aus
der Umgebung Narni's.
(Beides Beiträge zur Charakteristik der Campagna
von Rom.)
Kat. Nr. 48: Parthie aus dem Park des Grafen Graziani
bei Terni. Oelgemälde. |
Besprechung der Kunstausstellung 1830 im Conversationsblatt
Die Kunstausstellung 1830, 3. Carl Blechen,
in: Der Freimütige oder Berliner Conversationsblatt
Nr. 204 vom 14. Oktober 1830, zitiert nach: Rave WV
Blechen 1940, S. 20.
Ein Original, und ein geniales. Es hat noch kein Mensch
die Campagna di Roma so treffend geschildert, als er
in seinen zwei Landschaften: Mittag und Abend. Die eine
ist aus der Umgebung Narnis, die andere aus Civita Castellana.
Unsre Maler geben den Süden in der Nähe fast
alle falsch, sie schmeicheln und verzieren. Hier ist
er in seiner erbärmlichen Nacktheit, lechzend,
matt und derb. Man muß bedenken, daß die
italische Luft, der heitre Ton des Himmels, die Färbung
nur in der Ferne und dort verschönt, wo der Boden
üppig ist und vom Volke bepflanzt und bebaut wird.
Das ist in der Campagna nicht der Fall - auf viele Meilen
weit sieht man oft keine Spuren von Kultur, keinen Baum,
kein Haus, keinen Quell - nichts als Wüste. Wer
dieselbe wahrhaft schildern will, muß elende Hütten
mit Rohr bedeckt und von wenigen Sträuchern umgeben,
in eine nackte Fläche, dann Ziegen und Schafe,
einen lumpigen Hirten und schmutzigschöne barfüßige
Dirnen, die an einer Quelle stehen, waschen und plaudern
oder ein paar Eseltreiber und Fruchthändler malen,
die polnischen Juden gleichen und einen spanischen Mantel,
mag er noch so zerfetzt und kahl sein, stolz um die
Schultern schlagen und sich Cäsar und Crassus nennen.
Dies tat Blechen. [...] Und wie hat Blechen gemalt?
Wenn man von Rubens sagen darf, daß er seinerzeit
geschmiert hat, so muß man hier sagen: es ist
geklext. Fühlbar dick sind die Farben auf die Leinewand
geworfen, die Bäume scheinen gespritzt, der Himmel
mit einer Quaste angefärbt und jede Figur mit zehn
Strichen zu Ende gebracht zu sein. Es ist wunderbar,
und doch so viel Wirkung, so viel Wahrheit, so viel
Vortrefflichkeit! Es ist, als müsse die Manier
auf Kosten der Fehler Glück machen.
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