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        Pforr, Sulamith und Maria, 1811

Einleitung

In dieser Lektion werden recht gegensätzliche Phänomene der deutschen Malerei behandelt: Zum einen die Kunst der Nazarener, die als Gegenpol zu Philipp Otto Runge und Caspar David Friedrich eine völlig unterschiedliche Seite der Romantik repräsentieren, zum anderen die Landschaftsmalerei von Carl Blechen, Carl Gustav Carus und Christian Clausen Dahl, die in ihren Auffassungen von Landschaft die Romantik weit hinter sich gelassen haben.

Die Nazarener

Unter Nazarenern versteht man einen Künstlerkreis, der sich um die sog. Lukasbrüder gebildet hat. Die Lukasbrüder fanden sich im Jahr 1808 in Wien zusammen, wo sie an der Akademie studierten, nämlich Friedrich Overbeck, Franz Pforr, Joseph Wintergerst, Joseph Sutter, Ludwig Vogel und Johann Conrad Hottinger. Ihnen gemein war die Opposition zu der an der Akademie vorherrschenden Kunstauffassung, die sich im Eklektizismus und

in der Betonung der handwerklichen Ausbildung erschöpfte. Sie waren der Überzeugung, daß die Kunst in erster Linie einen religiösen Auftrag zu erfüllen habe, daß sie in ihre ursprüngliche Bedingtheit zurückgeführt werden müsse. Mit Caspar David Friedrich und Philipp Otto Runge gingen die Lukasbrüder darin überein, daß das Gefühl die Grundlage aller künstlerischen Schöpfung sein müsse. Doch anders als für Runge und Friedrich ist für sie das Gefühl nicht die letzte Quelle, aus der das Werk entspringt, sondern religiöse Inspiration. Die schöpferische Subjekt hat sich ihrer Überzeugung nach den Instanzen der christlichen Religion und ihrer Überlieferung unterzuordnen.
Im Juli 1809 schlossen die Gesinnungsgenossen einen förmlichen Bund. Sie entschlossen sich, ihre weitere Ausbildung selbst in die Hand zu nehmen und in Italien fortzusetzen. Im Mai 1810 brachen sie auf. Bevor sie Rom im Juni erreichten, wallfahrteten sie regelrecht nach Urbino, wo der von ihnen besonders verehrte Raffael geboren worden war. Er war ihr Vorbild als Künstler und Mensch, und viele ihrer Bilder tragen raffaeleske Züge. In Rom lebten sie nach Art einer religiösen Bruderschaft, die ihnen und ihren Mitstreitern den Spottnamen Nazarener einbrachte. In Rom stießen weitere namhafte Maler hinzu, so 1812 Peter Cornelius, der die nazarenische Kunst neben Overbeck am nachhaltigsten prägte, und 1817 Julius Schnorr von Carolsfeld.

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