Quelle 3: Marie Helene von Kügelgen über
Caspar David Friedrich in einem Brief an Friederike
Volkmann, Dresden, 22. Juni 1809
Marie Helene von
Kügelgen geb. Zöge von Manteuffel. Ein Lebensbild
in Briefen, Leipzig 1900, S. 158-161, hier S. 161.
Friedrich ist wieder hier, wir haben ihn gestern besucht.
Er hat dort in Pommern nur kleine Studien nach der Natur
gezeichnet, einzelne Baumgruppen, auch nur einzelne
Baumstämme, oder ein Häuschen, ein Thor, eine
Kirche, ein paar Hünengräber. Ein großes
Bild in Öl sah ich auch, welches meine Seele garnicht
anspricht. Ein weiter, unendlicher Luftraum. Darunter
das unruhige Meer und im Vordergrunde ein Streifen hellen
Sandes, wo ein dunkel gekleideter oder verhüllter
Eremit umherschleicht. Der Himmel ist rein und gleichgültig
ruhig, kein Sturm, keine Sonne, kein Mond, kein Gewitter
- ja ein Gewitter wäre mir ein Trost und ein Genuß,
dann sähe man doch Leben und Bewegung irgendwo.
Auf der ruhigen Meeresfläche sieht man kein Boot,
kein Schiff, nicht einmal ein Seeungeheuer, und in dem
Sande keimt auch nicht ein grüner Halm, nur einige
Möwen flattern umher und machen die Einsamkeit
noch einsamer und grausiger. Eine Mondlandschaft aber
würde mir sehr gefallen haben, wenn sie besser
gemacht wäre - es ist überall eine Härte,
von der die Natur nichts weiß. Aber der dunkle,
schweigende Wald und der aufsteigende Nebel sind überaus
schön.
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