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[...] Bald ist unter den vielen Meinungen auch das seine Meinung: strenge Nachahmung der Natur bis in jede Einzelheit, sei Forderung der Kunst. Dann aber auch wieder strenge sklavische Nachahmung der Natur und über große Ausführung sei die verfehlte Kunst. Die Kunst müße überhaupt nicht teuschen wollen, und eine so große Ausführung beenge die Einbildungskraft des Beschauers; andeuten müße das Bild nur, vor allem aber geistig aufregen und der Phantasie Spielraum geben und lassen; denn das Bild soll nicht die Natur selbst darstellen wollen (teuschen) sondern nur daran erinnern. Nicht die treue Darstellung von Luft, Wasser, Felsen und Bäume ist die Aufgabe des Bildners sondern seine Seele sein Empfindung soll sich darin wiederspiegeln. Den Geist der Natur erkennen und mit ganzem Herzen und Gemüth durchdringen und aufnehmen und wieder geben ist die Aufgabe eines Kunstwerks. [...] (Eimer S. 57)

Ich muß bei diesem Bild von XXX wiederholen was ich schon so oft und vielfältig gesagt, nahmlich: daß die Kunst nicht eine bloße Geschicklichkeit ist und sein soll, wie selbst viele Mahler zu glauben scheinen; sondern so eigendlich, und so recht eigendlich, die Sprache unserer Empfindung, unserer Gemüthsstimmung, ja selbst unserer Andacht unser Gebeth sein sollte. Und ich freue mich hier einmal wieder gefunden zu haben, was man so selten findet. Ich vermach es nicht auszusprechen was ich jedesmal empfinde bei Betrachtung dieses Bildes; aber ich fühle mich gehoben, ergriffen und bewegt. Der Gegenstand ist es nicht so mich ergreift; denn er ist eben nicht außergewöhnlich. Das Machwerk einer Meisterhand ist es auch nicht; wohl aber der Erguß einer reinen tief und innig ergriffenen bewegten Seele. Und es frägt sich ob der Mahler im ganzer Umfange es weis was er hier auf der Tafel dargestellt hat, viel weniger daß er es in Worten aussprechen könnte. Was wir hier als überlegt und klüglich angeordnet gelobt, ist ihm vielleicht selbst unbewust geworden; denn der Künstler war bei der Ausführung dieses Bildes in reiner Harmonie aufgelößt, und sein Gefühl wurde sein Gesetz, und seine Stimmung seine geistige Erhebung konnte nur solche Früchte tragen als dieses Bild. - So bettet der fromme Mensch und redet kein Wort und der Höchste vernimt ihm; und so mahlet der fühlende Künstler und der fühlende Mensch versteht und erkennt es, aber auch der Stumpfere andet es wenigstens. (Eimer S. 114)

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