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Antikenrezeption in der Malerei der Revolutionszeit

Die Bildkunst der Revolution hat hauptsächlich die Ereignisse der eigenen Zeit thematisiert. Selbst diejenigen Historienbilder, die nicht Geschehnisse der Gegenwart, sondern welche der Antike behandelten, blieben von den Entwicklungen nicht verschont. Am Beispiel von Davids Brutus kann man sehen, was das Publikum in den Bildern mit antiker Historie gesehen hat. David hat von König Ludwig XVI. den Auftrag erhalten, ein Gemälde des ersten römischen Konsuls Junius Brutus zu malen, der seine Söhne zum Tode verurteilte, weil diese mit dem König Tarquinius gegen die Republik konspiriert hatten. Das Bild wurde kurz vor Ausbruch der Revolution vollendet und trug im Salon von 1789 den Titel: "Der erste Konsul, Junius Brutus, kehrt nach der Verurteilung seiner Söhne, die mit den Tarquiniern konspiriert hatten, nach Hause zurück; Liktoren bringen die Leichen seiner Söhne, damit er ihnen ein Begräbnis gebe." Voltaire (1694-1778) hatte den Stoff des Brutus 1730 in seinem gleichnamigen Drama aufgegriffen und dem französischen Publikum vertraut gemacht. Brutus galt La Font de

Saint-Yenne und Diderot als exemplarischer Gegenstand einer neuen, auf moralische Inhalte zielenden Malerei.

Davids Gemälde stand in der Tradition des sujet tragique, einem Bildtyp, der Momente aus der Geschichte zeigte, in denen der Protagonist innere Konflikte austragen mußte. Die Bilder, auch sujets noirs genannt, erfreuten sich im späten ancien régime großer Beliebtheit. Ein Beispiel ist das Bild von Manlius Torquatus, das Jean Simon Berthélemy (1743-1811) 1785 im Auftrag von d'Angiviller geschaffen hat. Manlius Torquatus war wie Brutus ein römischer Konsul. Er mußte den eigenen Sohn, obwohl dieser siegreich aus einer Schlacht zurückgekehrt war, zum Tode verurteilen, weil dieser ohne Befehl angegriffen hatte. Die Franzosen des ancien régime standen dem römisch-republikanischen Gebot, die Staatsräson über die Humanität zu stellen, verständnislos gegenüber, da die römische Moral in ihrer Zeit keine Gültigkeit besaß. Die Beliebtheit dieser Themen erklärt sich hingegen aus dem Interesse an ihren gruseligen Aspekten. Hier ging es, wie in der Einführung zur ersten Aufgabe angesprochen, um den individuellen Nachvollzug des Bildgeschehens, dem man sich mit schauerlichem Behagen hingab.

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