des menschlichen Herzens walten, und studiert er die
Analogie, welche zwischen diesen Gemütsbewegungen
und gewissen äußern Erscheinungen stattfindet,
so wird er aus einem Bildner gemeiner Natur zum wahrhaften
Seelenmaler. Er tritt aus dem Reich der Willkür
in das Reich der Notwendigkeit ein und darf sich, wo
nicht dem plastischen Künstler, der den äußern
Menschen, doch dem Dichter, der den innern zu
seinem Objekte macht, getrost an die Seite stellen.
Aber die landschaftliche Natur kann auch zweitens
noch dadurch in den Kreis der Menschheit gezogen werden,
daß man sie zu einem Ausdruck von Ideen macht.
Wir meinen hier aber keinesweges diejenige Erweckung
von Ideen, die von dem Zufall der Assoziation abhängig
ist; denn diese ist willkürlich und der Kunst gar
nicht würdig; sondern diejenige, die nach Gesetzen
der symbolisierenden Einbildungskraft notwendig erfolgt.
In tätigen und zum Gefühl ihrer moralischen
Würde erwachten Gemütern sieht die Vernunft
dem Spiele der Einbildungskraft niemals müßig
zu; unaufhörlich ist sie bestrebt, dieses zufällige
Spiel mit ihrem eigenen Verfahren übereinstimmend
zu machen. [...] Jene liebliche Harmonie der Gestalten,
der Töne und des Lichts, die den ästhetischen
Sinn entzücket, befriedigt jetzt zugleich den moralischen;
jene Stetigkeit, mit der sich die Linien im Raum oder
die Töne in der Zeit aneinanderfügen, ist
ein natürliches Symbol der innern Übereinstimmung
des Gemüts mit sich selbst und des sittlichen Zusammenhangs
der Handlungen und Gefühle, und in der schönen
Haltung eines pittoresken oder musikalischen Stücks
malt sich die noch schönere einer sittlich gestimmten
Seele.
Der Tonsetzer und der Landschaftmaler bewirken dieses
bloß durch die Form ihrer Darstellung und stimmen
bloß das Gemüt zu einer gewissen Empfindungsart
und zur Aufnahme gewisser Ideen; aber einen Inhalt dazu
zu finden, überlassen sie der Einbildungskraft
des Zuhörers und Betrachters. [...] [D]arin liegt
das Anziehende solcher ästhetischen Ideen,
daß wir in den Inhalt derselben wie in eine grundlose
Tiefe blicken. Der wirkliche und ausdrückliche
Gehalt, den der Dichter hineinlegt, bleibt stets eine
endliche; der mögliche Gehalt, den er uns hineinzulegen
überläßt, ist eine unendliche Größe.
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