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und in unaussprechlichen Worten hervorbricht; und etwas Höheres als das eben Ausgesprochne kann die reinsinnliche Kunst nicht leisten. Sie geht aufs Einzelne und Nächste; das heißt, sie muß local seyn und national. Bis auf die neuesten Tage der Zerstörung und Verwirrung hatte jede Nation der alten Zeit, so wie ihre bestimmte Physiognomie in Sitte und Lebensweise, Gefühl und Gestalt, so auch ihre eigne Musik, Baukunst und Bildnerei; und wie sollte es auch wohl anders seyn? man spricht zwar viel von einer allgemeinen Schönheit und Kunst, ohne alles Locale; doch bis jetzt, wie es scheint, ohne daß man eben einsähe, wo es damit eigentlich hinauswill, und ohne daß die bisherigen Versuche wenigstens sonderlich viel Gutes von diesem neuen Glauben erwarten ließen. In jener engen Beschränkung aber sind Griechen und Egyptier, Italiäner und Deutsche, groß gewesen in der Kunst, die überall gleich verlohren ging in den Zeiten, da Nachahmerei begann. Die mahlerische Schönheit insonderheit, welche die körperliche Form nur im Umriß errathen lassen kann, dafür aber das Eigenste und wahrhaft Geistige im Sinnlichen zu ergreifen und in ihrem Farbenspiegel magisch zu fixiren vermag, muß durchaus eine individuelle seyn im Idealischen; aber freilich individuell in größerer Dimension, objektiv individuell, wie dies bei dem wahrhaft Localen und Nationalen der Fall ist. Möchten also doch die Mahler den wohlbedachten Grundsatz des alten Dürer beherzigen und zu dem ihren machen, der da sagte: "ich will gar nicht antikisch mahlen, oder italisch, sondern ich will deutsch mahlen!"
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In Kölln.
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Dieses Wenige sey genug zum vorläufigem Begriff von den Schätzen altdeutscher Mahlerkunst, die sich zu Kölln befinden. Und nun zum Beschluß noch eine Frage, die mit dem eigentlichen Zweck aller unsrer Betrachtungen und Andeutungen eigentlich in sehr naher Beziehung steht. Ist es wahrscheinlich, daß auch jetzt in unsrer gegenwärtigen Zeit noch von Neuem ein wahrer Mahler wieder entstehen und sich erheben wird? - Wahrscheinlich ist es eben nicht; aber wer möchte die absolute Unmöglichkeit behaupten? Woran es liegt, daß es keine Mahler mehr giebt, und was denen, die sich gegenwärtig in der Kunst versuchen, dazu fehlt, das ist ganz klar; theils freilich die Vernachlässigung des Mechanischen, besonders der Farbenbehandlung, am meisten aber das innige und tiefe Gefühl.
<Die echte Quelle der Kunst und des Schönen aber liegt im Gefühl.> Mit dem Gefühl ergiebt sich der richtige Begriff und Zweck von selbst, und das bestimmte Wissen dessen, was man will, wenn gleich der Künstler es nicht in Worten, sondern nur praktisch bewähren kann. Das religiöse Gefühl, Andacht und Liebe, und die

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