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Quellen zu Aufgabe Die Nazarener: die Fresken der Casa Bartholdy und Friedrich Overbecks religiöse Bilder

Quelle 1: Peter Cornelius an Joseph von Görres

Joseph von Görres. Gesammelte Schriften, hrsg. von Marie Görres, Bd. 8 (2. Abteilung: Gesammelte Briefe, Bd. 2 [Freundesbriefe von 1802-1821, hrsg. von Franz Binder]), München 1874, S. 433-439 (Brief 138).

                                                                                                                                     Rom, 3. Nov. 1814
Geehrtester Herr! Meine Freunde aus Frankfurt teilten mir die Nachricht mit, daß Sie die Güte gehabt, sich für mich am preußischen Hofe um eine Pension zu bewerben; nehmen Sie dafür meinen herzlichsten Dank, nicht sowohl für die guten Folgen, die der glückliche Erfolg dieses Ihres gütigen Gesuchs auf die Ausübung meiner Kunst haben könnte; als für den guten Glauben und das Vertrauen, welches Sie zu meinen geringen Fähigkeiten und deren Anwendung hegen. Verzeihen Sie daher wenn, von gleichem Glauben beseelt, sich mein Herz vor Sie aufschließt und Ihnen einige Worte über einen Gegenstand sage, der es so ganz erfüllt, ich meine die Kunst, und zwar die unseres Vaterlandes.
Leider muß man von derselben sagen, daß sie (in der gegenwärtigen Zeit) sowohl an wahrer Bildung als an Geist und Leben von der Nation ist überflügelt worden. Denn der geringste von denen Helden, die freiwillig mitzogen in jenen wahrhaften Kreuzzug, trug (wenn ich es so nennen darf) eine höhere Poesie in seiner Brust, als der erste Professor irgend einer hochweisen Akademie, vom Dunstkreise seiner negativen eklektischen Kunstrumpelskammer umnebelt. Dieses aber scheint mir das schwerste Wort des Gerichts über jedes geistige Streben dieser Welt, und vorzüglich der Kunst zu sein, denn Sie soll ein Theil des Salzes der Erde sein; ist solches aber dumm geworden, so taugt es fürder zu nichts, als daß es auf die Gassen geworfen und von den Leuten zertreten werde.
Nun werden Sie es aber für eine höchst wünschenswerte treffliche Sache halten, wenn die Kunst in unserm Vaterland in ihrer alten Kraft, Schönheit und Einfalt erwache und mit dem wiedergeborenen Geist der Nation gleichen Schritt hielt, ihrer kräftigen aber dunkeln Sehnsucht nach Oben still, klar und liebend entgegenkäme, keine Kraft brechend aber jede ordnend, lenkend, zum höchsten Einen, als die Aufgabe alles wahrhaft bildenden, und wie es die wahre Kunst in allen Zeiten unter allen edleren Völkern auch gethan. Unser Vaterland steht auf einem Punkt, wo es einer solchen Kunst nicht entbehren sollte, sie könnte ein mächtiges Organ zu manchem

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