Quellen
zu Aufgabe Subjektive und objektive Landschaftsauffassung,
Stimmungsmalerei und Wissenschaft: Carus, Dahl und Blechen
Quellengruppe 1: Carl Gustav Carus: Briefe und Aufsätze
über Landschaftsmalerei
Carl Gustav Carus: Briefe und Aufsätze
über Landschaftsmalerei, Leipzig/Weimar 1982.
Brief II
[...]
Und so wirkt denn also die schaffende Kraft der Kunst
immer weiter, und die Welt, wie sie geformt vor unsern
Sinnen daliegt, ersteht unter ihren Händen aufs
neue. Jegliches spricht uns aus ihren Bildungen, zum
Zweck des Künstlers, in wunderbarer und eigentümlicher
Sprache an; Sonne und Mond, Luft und Wolken, Berg und
Tal, Bäume und Blumen, die mannigfaltigsten Tiere
und die noch mannigfaltigere und höhere Individualität
des Menschen erscheint wiedergeboren mit aller ihnen
eigenen Gewalt auf uns wirkend, bald trübe, bald
heiter uns stimmend, immer aber uns hoch über alles
Gemeine erhebend durch die Anschauung der Göttlichkeit,
das ist der schaffenden Macht im Menschen selbst. Denn
eben dies ist es ja, wodurch uns die Kunst als Vermittlerin
der Religion erscheint, daß sie die Urkraft und
Seele der Welt, welche schwache, menschliche Einsicht
nicht im ganzen zu erfassen vermag, uns in einem Teilchen,
das ist im Menschengeist, näher rückt und
erkennen lehrt; darum aber soll auch einesteils der
Künstler in sich ein geheiligtes Gefäß
erblicken, welches von allem Unreinen, Gemeinen und
Frechen frei und unbefleckt bleiben muß, sowie
andernteils das Kunstwerk aus demselben Grunde nie der
Natur zu nahe treten, viel eher sich über sie erheben
soll, damit das Erschaffen dieses Werkes durch den
Geist des Menschen nicht vergessen, die Beziehung
auf den Menschen dadurch nicht verloren werde.
[...]
[...] Fester Boden, mit allen seinen vielartigen Gestalten,
als Fels und Gebirg und Tal und Ebene, ruhendes und
bewegtes Gewässer, Lüfte und Wolken, mit ihren
mannigfaltigen Erscheinungen, dies sind ungefähr
die Formen, unter welchen das Leben der Erde sich kundgibt;
ein Leben indes von solcher Unermeßlichkeit für
unsere Kleinheit, daß Menschen es kaum als Leben
erkennen oder gelten lassen wollen. Höher dagegen
und uns näher gerückt steht schon das Leben
der Pflanzen, und diese in Verbindung mit den ersterwähnten
Phänomenen machen die eigentlichen Objekte der
landschaftlichen Kunst aus. - Von allen diesen Phänomenen
nun fühlen wir
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