Quellen zu Aufgabe Historienmalerei
und Antikenrezeption: Asmus Jakob Carstens
und Karl Philipp Moritz
Quelle 1: Karl Philipp Moritz: Über die bildende
Nachahmung des Schönen, 1788
Hans Joachim Schrimpf (Hrsg.): Karl
Philipp Moritz: Schriften zur Ästhetik und Poetik.
Kritische Ausgabe (Neudrucke deutscher Literaturwerke
N. F. Bd. 7), Tübingen 1962, S. 63-93.
1) Der Begriff des Nachahmens
Wenn der griechische Schauspieler, in der Komödie
des Aristophanes dem Sokrates auf dem Schauplätze,
und der Weise ihm im Leben nachahmt: so ist das Nachahmen
von beiden so sehr verschieden, daß es nicht wohl
mehr unter einer und eben derselben Benennung begriffen
werden kann: wir sagen daher der Schauspieler parodierte
den Sokrates, und der Weise ahmt ihm nach.
[...]
Der Schauspieler also schließt den Weisen aus,
und parodiert nur den Sokrates; denn die Weisheit läßt
sich nicht parodieren: der Weise schließt in seiner
Nachahmung den Sokrates aus, und ahmt in ihm nur den
Weisen nach; denn die Individualität des Sokrates
kann wohl parodiert und nachgeäfft, aber nie nachgeahmt
werden. [...]
Wir sehen also aus dem Sprachgebrauch, daß Nachahmen,
im edlern moralischen Sinn, mit den Begriffen von nachstreben
und wetteifern fast gleichbedeutend wird [...].
[...]
[...] Und es fragt sich nun: wie von diesem Nachahmen
im moralischen Sinn, das Nachahmen in den schönen
Künsten, oder von der Nachahmung des Guten und
Edlen, die Nachahmung des Schönen unterschieden
sey? -
[...]
2) Behandlung des Verhältnisses von "nützlich"
und "schön"
Nun schließt sich aber im Sprachgebrauch das Gute
und Nützliche, so wie das Edle und Schöne,
natürlich aneinander [...]. So viel fällt
demohngeachtet deutlich in die Augen, daß das
bloß Nützliche dem Schönen und Edlen,
mehr als das Gute, entgegenstehe; weil durch das Gute
vom bloß Nützlichen zum Schönen und
Edlen schon der Übergang gemacht wird.
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