Besprechung der Kunstausstellung 1832 in den Blättern
für bildende Kunst
Über das Leben der Kunst in der
Zeit, aus Veranlassung der Berliner Kunstausstellung
im Herbst 1832. Landschaft, in: Museum, Blätter
für bildende Kunst, hrsg. von Dr. Franz Kugler,
1. Jg., 6. Heft vom 11. Februar 1833. Wie vermutet wird,
aus der Feder von Dr. Schöll. S. 41ff, zitiert
nach: Rave WV Blechen 1940, S. 30-32.
In diesem Zusammenhang möchten wir den Gemälden
des Professors Blechen ihre Stelle anweisen. Einige
derselben geben den Beweis, daß auch die Landschaft,
der man es doch am wenigsten zutrauen möchte, des
Humors, ja eines schauerlichen Humors fähig sei.
Dieser Nachmittag auf Capri, der vor lauter Sonnenhelle
undeutlich, bei aller Simplizität der Massen zerbröckelt,
bei aller Eintönigkeit schreiend ist - Alles Wirkung
der Nachmittagssonne, die vorn auf öden, stumpfen
Kalkfelsen ihre Lichter aneinander blendet, hinten Meerwasser
zieht -: dies ist kein seelenvolles Angesicht der Natur
und will es nicht sein; sondern seine Züge verhalten
sich zu diesem wie die eines Hirnverbrannten zum gesunden
Menschengesicht.
Das Tolle hat auch seine Wahrheit und ist keineswegs
von der Kunst ausgeschlossen. Und wenn unsereinem, der
nie, weder vor- noch nachmittags, auf Capri war, das
Ganze eher wie eine mit trübroten und bläulichen
Ingredienzien angelaufene Lauge als wie ein Bild vorkommt:
so kann es doch höchst wahr, schwerlich aber anders
als in der Nachbarschaft und Umgebung ganz entgegengesetzter
Bilder genießbar sein. Denn sich so an der sich
selbst unterdrückenden Natur zu erfreuen, setzt
eine gewisse überflüssige Stärke, wie
vom Malergenie, so im Zuschauersinn voraus.
Diese eigentümlich-komische Landschaftsgattung,
die auch zwei kleinere Bilder Blechens, Castell Gandolfo
und Schlucht bei Subiaco, interessant macht - komisch,
weil die Natur auf den Kopf gestellt, das Licht dunkel,
der Schatten hell, und das Ganze doch nicht ohne Wahrheit
ist - würde gewiß ergötzlicher sein,
wenn eben nicht in ihrem Anblick (sei es, weil ein sehr
exerziertes Auge gefordert wird; sei es, weil eine Überraschung
der Natur in außergewöhnlichen Momenten festgehalten
ist) der stärkste Eindruck der des Zwanges wäre,
und zwar nicht sowohl eines Zwanges, den der Künstler,
als den die Natur gelitten.
[...]
|