durch das volle Leben den Geist erreichen, und so ist
es mit kleinen einzelnen landschaftlichen Motiven. Sie
können nur in sich wirken, nicht, wie in größerer
Gemeinschaft, durch sich. Hierzu bedürfen sie aber,
wie ein Genre-Bild, der größten Naturtreue,
und wie sehr, zur Landschaft zusammengestellt, ihnen
gemalte und pikante Behandlung für das Wecken des
Geistes dienlich ist, so nachteilig ist ihnen in ihrer
Isolation eine solche Behandlung, wenn sie sich nur
wenig von der alltäglichen Wahrheit entfernt.
Besprechung der Kunstausstellung 1832 in der Vossischen
Zeitung
Die Kunstausstellung, Landschaften, in
der Königl. Privil. Berlinischen (Vossischen) Zeitung
Nr. 267 vom 13. November 1832, zitiert nach Rave WV
Blechen 1940, S. 29-30.
Blechen strebt mit außerordentlicher Kraft und
Wahrheit, uns die Natur vor Augen zu stellen. Seine
Auffassung ist treu, und sicher gibt er uns nicht einen
Ton, nicht die feinste Abstufung desselben, wenn er
sie nicht so und gerade so gesehen. Er führt uns
auf der Stufenleiter seiner Töne durch alle Teile
seines Bildes und erreicht auf diese Art, bei der Kraft
seiner Auffassung, wunderbar große Eindrücke.
Gewiß ist kein kleinlicher Zug in seinen Bildern
zu entdecken; seine Wald- und Felspartien, seine Schluchten,
seine Beleuchtung, seine Schatten, alles ist frappant,
großartig. Eins scheint uns der Künstler
zu übersehen. Die Natur bietet nicht allein den
Gegensatz der Töne. Zu ihrer harmonischen Wirkung,
ihrem eigentlichen Reiz, bietet sie die zarte Bewegung
ihrer Übergänge. Vernachlässigt man sie,
so mögen die Gegensätze die höchste Treue
offenbaren, dem Eindruck des Ganzen wird sie dennoch
fehlen. Eine gewisse Schwere, Undurchdringlichkeit wird
dem Gefühl des Auges entgegenstreben. So löst
sich der scheinbare Widerspruch im Urteile über
die Schöpfungen dieses Künstlers. Wir müssen
dem Licht, den Schatten in ihrem Gegensatz die höchste
Wahrheit zugestehen. In ihrer größten Stärke
erscheinen die Schatten so blau, die Lichter so frappant.
Doch diesen Gegensatz vereinigt die Natur sanft durch
Halbtöne, uns so aus dem Licht in den Schatten
führend: Blechen stellt beide in ihrer ganzen Schärfe
nebeneinander und wir haben selbst öfter einen
etwas grellen Eindruck, der uns hindert, in die Tiefen
eines Bildes einzudringen. [...]
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