Dieses tiefste Ahnen unsrer Seele, daß Gott
über uns ist, daß wir sehen, wie alles entstanden,
gewesen und vergangen ist, wie alles entsteht, gegenwärtig
ist und vergeht um uns, und wie alles entstehen wird,
sein wird und wieder vergehen wird [...]; diese lebendige
Seele in uns, die von ihm ausgegangen ist und zu ihm
kehren wird, die bestehen wird, wenn Himmel und Erde
vergehen, das ist das gewisseste deutlichste Bewußtsein
unsrer selbst und unsrer eignen Ewigkeit.
[...]
Diese Empfindung des Zusammenhanges des ganzen
Universums mit uns; [...] die Liebe, die uns hält
und trägt durch das Leben [...]: dies treibt und
preßt uns in der Brust, uns mitzuteilen, wir halten
die höchsten Punkte dieser Empfindungen fest, und
so entstehen bestimmte Gedanken in uns.
Wir drücken diese Gedanken aus in Worten, Tönen
oder Bildern und erregen so in der Brust des Menschen
neben uns dieselbige Empfindung. Die Wahrheit der Empfindung
ergreift alle, alle fühlen sich mit in diesem Zusammenhang,
alle loben den einigen Gott, die ihn empfinden; und
so entsteht die Religion. - Wir setzen diese
Worte, Töne oder Bilder in Zusammenhang mit unserm
innigsten Gefühl, unsrer Ahnung von Gott und der
Gewißheit unsrer eignen Ewigkeit durch die Empfindung
des Zusammenhanges des Ganzen, das ist: wir reihen diese
Empfindungen an die bedeutendsten und lebendigsten Wesen
um uns und stellen, indem wir die charakteristischen,
das heißt: die mit den Empfindungen übereinstimmenden
Züge dieser Wesen festhalten, Symbole unsrer Gedanken
über große Kräfte der Welt dar, das
sind die Bilder von Gott oder von den Göttern.
Je mehr die Menschen sich und ihr Gefühl rein erhalten,
und es erheben, desto bestimmter werden diese Symbole
von Gottes Kräften, desto höher empfinden
sie die große allmächtige Kraft. Sie drängen
alle die unendlich verschiedenen Naturkräfte in
ein Wesen zusammen; sie suchen in einem Bilde alles
zugleich zu konzentrieren und so ein Bild des Unendlichen
darzustellen. [...]
Diese Symbole wenden wir an, wenn wir große Begebenheiten,
schöne Gedanken über die Natur und die lieblichen
oder fürchterlichen Empfindungen unsrer Seele über
Begebenheiten oder den innern Zusammenhang unseres Gefühls
andern klar verständlich machen wollen. Wir suchen
nach einer Begebenheit, die charakteristisch zu unsrer
Empfindung, die wir ausdrücken wollen, stimmt,
und wenn wir sie gefunden, haben wir den Gegenstand
der Kunst gewählt.
Indem wir diesen Gegenstand nun an unsre Empfindung
reihen, stellen wir jene Symbole der Naturkräfte
oder der Empfindungen in uns so gegeneinander, daß
sie charakteristisch für sich, den Gegenstand
und unsre Empfindung wirken: das ist die Komposition.
[...]
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