uns die Natur sehen lehre. Marées wendete einen
großen Teil seiner Kräfte, eine staunenswerte
Energie darauf, seine Bilder in der Vollendung so weit
zu treiben, daß sie die Illusion des Lebens erwecken
mußten. Und das war der Punkt, wo er scheiterte.
Wem es vergönnt war, die fortschreitende Arbeit
Marées' in seinem Atelier zu verfolgen, der wird
die Beobachtung haben machen können, das jedes
seiner Bilder ein Stadium erreichte, in dem die Absicht
rein und ungetrübt aus ihm hervorleuchtete. Seine
Schöpfungen in solchem Zustande zu sehen, war ein
großer Gewinn; es waren Naturoffenbarungen im
besten Sinne des Wortes; keinem Natureindrucke vergleichbar,
den man selbst hätte erleben können, traten
sie einem doch mit der Macht eines Natureindruckes entgegen;
aus dem, was sich dem Auge als eine überraschende
Erscheinung darbot, eröffnete sich ein ganz neuer
Ausblick auf das Reich der sichtbaren Welt, das hier
einen so konzentrierten Ausdruck gefunden hatte. Der
Betrachter mußte wohl wünschen, die Bilder
(S. 260:) auf diesem Punkte der Entwickelung erhalten
zu sehen; die Unfertigkeiten, die ihnen anhafteten,
traten vollständig zurück gegenüber den
seltenen Vorzügen, durch die sie sich auszeichneten.
Dem Künstler selbst aber schwebte ein ganz anderes
Ideal von Vollendung vor; was er erreicht hatte, mußte
ihm nur wie eine Andeutung vorkommen im Vergleich zu
der Kraft und Reinheit der Wirkung, die er erreichen
wollte. Er sprach oft von der Bescheidenheit und zugleich
der Energie, mit der das Naturbild allenthalben wirke;
so forderte er auch vom Kunstwerke, daß jede Spur
eines anmaßlichen Könnens aus ihm getilgt
sei; nicht mehr als ein Hervorgebrachtes solle es wirken,
gerade dadurch aber die volle Macht einer unmittelbaren
Erscheinung erlangen. Er wußte wohl, daß
ein langer Weg nötig sei, um diese Vollendung zu
erreichen; das, was von seinen Kunstgenossen gemeinhin
Vollendung genannt wurde, dieses Prahlen mit Geschicklichkeiten
und Virtuosenkünsten durchschaute er nur zu sehr;
er wußte, daß da noch nicht einmal der Anfang
des Weges betreten sei, der zu jener wahren Kunstvollendung
führe. Wie für ihn selbst, so wurde es zum
Verhängnis für seine Bilder, daß ihm
die Kraft gerade da versagte, wo das Letzte, Höchste
hätte geleistet werden sollen. Aus unermüdlichen
Überarbeitungen gingen die anfänglich so herrlichen
Gebilde, statt in überzeugender Vollendung, doch
häufig nur entstellt hervor.
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