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Leben langweilte mit Ausnahme, wenn ich in schlechter Gesellschaft war. Man pflegt mich einen Idealisten zu nennen & doch hat vielleicht kein jetzt Lebender so viel & stets nach der Natur gearbeitet. Eine chablonenhafte Handschrift - Schönschreiberei - sich anzugewöhnen, mit der man alles schreibt & nichts sagt, war mir frühe schon ein Greuel.
Die Schreibseligkeit in der Kunst habe ich nur in der ersten Jugendzeit getrieben, alsdann, nachdem ich die Macht der natürlichen Erscheinung erkannt hatte, war ich mir auch sofort bewußt daß ich mehr als andere zu studiren habe, um der Natur gegenüber den heiligen Respekt zu bewahren & zugleich mich a forza del lavoro zur Gedankenfreiheit aufzuschwingen.
Noch heute haben meine Skizzen nur halben Werth & erst, wenn ich bei Anschauung der Natur das richtige erkannt, kommt der eigentliche Geist hinein.
Den Genuß des leichten Erfassens möchte ich so vielen gönnen, welche ihr ganzes Leben lang sich nur immer selbst geben. Mit einem Wort, der wahre Styl kommt dann, wenn der Mensch selbst groß angelegt, nach Bewältigung der unendlichen Feinheiten der Natur, die Sicherheit erlangt hat, frei ins Große gehen zu können. Styl ist richtiges Weglassen des Unwesentlichen, der sogenannte Realist bleibt immer im Detail stecken. Realismus in der Kunst ist die leichteste Kunstart & kennzeichnet stets den Verfall. Wenn die Kunst nur das Leben copirt, so brauchen wir sie nicht.
Die positive Richtigkeit einer Sache hat mir im Leben mehr Freude bereitet als alles falsche Genialisiren.
Wir leben im Jahrhundert der Kunstschwätzer. Einige derselben haben begonnen & beliebt mich vorzugsweise als deutschen Künstler hinzustellen. Ich protestire feierlichst gegen solche Lüge.
Was ich geworden, habe ich zunächst den modernen Franzosen von 48, dem alten & jungen Italien & mir selbst zu verdanken. Den Deutschen bleibt das Verdienst, mich zeitlebens angefeindet & immer schlecht bezahlt zu haben. In Deutschland wäre ich als Künstler verkommen.
Die Rohheit des Volkes, welches sich in Kneipen herumtreibt, die Halbbildung & prätensiöse Vortrefflichkeit der sogen. gebildeten Stände, das Bocksbeinige Gelehrtenthum, nebst übertriebener Schulbildung, der completeste Unverstand in den höchsten Kreisen hat mir das Vaterland verleidet. Tacktlosigkeit nach allen Richtungen & anspruchsvolle Armuth sind beengend & belästigend für jede offene, wahrhaftige Künstlernatur. Es ist ein Glück zu nennen, daß ich die Compositionsseeligkeit in jungen Jahren erschöpfte, ein noch größeres, daß ich frühe angeregt, durch die nordische Mythologie, Niebelungen etc. den Germanismus in der Kunst, diese Kleinkinderkrankheit, mit den Masern auschwizte, und schon in der ersten Düsseldorferzeit mich an den Griechen versuchte.

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