HOME

    
    
    
    
    
    
    
        
 
   
     
     
     
   
        
    

 

Feuerbach, Gastmahl des Plato (zweite Fassung), 1873



1855 zog Feuerbach nach Venedig, von 1856 an lebte er für 17 Jahre in Rom. Es schloß sich eine Zeit in Wien an, in der er eine Professur an der Kunstakademie bekleidet hatte, eine Stelle, auf die ihm Makart 1879 folgte. Bereits 1876 war Feuerbach erneut nach Venedig übergesiedelt, wo er auch gestorben ist.
Feuerbachs Hauptwerk ist das 1869 vollendete "Gastmahl", welches Platons Dialog des "Symposions" umsetzt. Er thematisiert die Textstelle, in der die Festgäste des Dramensiegers Agathon geistvoll über das Wesen des Eros debattieren, während Agathon den mit einem bacchantischen Gefolge eintretenden berauschten Alcibiades begrüßt. In der direkten Gegenüberstellung des dionysischen Alcibiades mit der hoheitsvollen Figur Agathons sind in spannungsreicher Komposition Rauschhaftigkeit und formbetonende Geistigkeit konfrontiert.
Feuerbach vollendete das Gemälde 1869 und stellte im selben Jahr auf der Großen Internationalen Kunstausstellung in München aus, wo auch Leibls Portrait der Mina Gedon zu sehen war (siehe die Nachbaraufgabe). Wegen seiner kühlen Farbigkeit wurde das Bild bei den Kartons ausgestellt, ein Tribut an das Publikum, welches den kräftigen Kolorismus von Piloty und Makart gewöhnt war. Es

fand dennoch einen Käufer, und da das Bild, in welchem Feuerbach sein ganzes künstlerisches Wollen zum Ausdruck gebracht sah, nun dem Publikum entzogen war, malte er bis 1873 eine zweite Fassung, die heute in Berlin hängt. Die erste Fassung kehrte 1890 aus Privatbesitz in die Karlsruher Kunsthalle zurück.
Feuerbach war zeit seines Lebens kränkelnd und schwankend zwischen hochfahrendem Selbstbewußtsein und lähmender Depression. In der Rezeption seines Werkes und seiner Persönlichkeit spielen seine in den Wiener Jahren niedergeschriebenen Lebenserinnerungen eine große Rolle. Sie waren eigentlich eine "Aus meinem Leben - Wahrheit ohne Dichtung" betitelte gallige Schmähschrift auf seine Zeitgenossen, doch das, was zwei Jahre nach seinem Tod veröffentlicht worden ist, war eine völlige Umarbeitung durch die Hand seiner Stiefmutter Henriette. Das Werk hieß nun "Anselm Feuerbach - Ein Vermächtnis" und erweckte den Eindruck, als habe Anselm Feuerbach, müde und niemandem mehr zürnend, sein Leben resümiert. In dieser Form sollte die Schrift Mitleid erwecken und der Nachwelt ein schlechtes Gewissen vermitteln ob ihrer schnöden Behandlung der zerbrechlichen Künstlerseele.

<< Seite 2/3   >>