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Runge, Selbstbildnis, 1802

Neubegründung der Kunst aus dem subjektiven, religiösen Gefühl: Philipp Otto Runge

Philipp Otto Runges künstlerische Anfänge unter dem starken Einfluß Goethes sowie sein Mißerfolg bei den Preisaufgaben der Weimarer Kunstfreunde 1801 sind bereits in der 2. Lektion behandelt worden. Für seinen weiteren künstlerischen Weg war die im Juni 1801 erfolgte Übersiedlung nach Dresden von Bedeutung. Hier traf der stark in seiner künstlerischen Zielsetzung verunsicherte Runge auf Ludwig Tieck. In enger Freundschaft zu diesem Haupt der literarischen Romantik wandelte sich Runge vom Goethe-Adepten zum Romantiker und war damit der erste Künstler, der mit der Kunstauffassung, wie sie in Weimar vertreten wurde, brach. Bei seiner "Konversion" griff Runge nicht allein die Gedanken Tiecks auf, sondern er baute sie seinerseits zu einem komplexen Gedankensystem für die Kunst aus. Eingehend legte Runge seine Gedanken in Briefen an seine Familie nieder, wobei der Brief an seinen älteren Bruder Daniel Runge vom 9. März 1802 als Manifest der Romantik gelten kann.

Von Tieck hatte Runge die Vorstellung übernommen, daß die Epochen im Wechsel aufeinander folgen, indem Blüte und Verfall einander abwechseln. Runge sah sich selbst in einer solchen Umbruchszeit stehend. Dieses extrem ausgebildete Geschichtsbewußtsein äußerte sich in der Forderung, daß jede Zeit ihre eigene, originäre Kunst brauche. Für das anbrechende Zeitalter konnte es, wenn es wirklich neu sein sollte, keine Muster geben, die Kunst mußte demnach von neuem begründet werden. In dieser Aufgabe sah Runge sein Lebensziel.
Im Kreise der Dresdner Romantiker, zu denen auch Friedrich Schlegel gehörte, hatte Runge für sich die "Landschaft" als Aufgabe der Kunst seiner Zeit erkannt. Diese Präferenz ist jedoch nicht im Zusammenhang mit den klassischen Gattungen der Malerei zu sehen, vielmehr ging es Runge darum, in der Landschaft "Symbole unsrer Gedanken über große Kräfte der Welt" (Runge in einem Brief an seinen Bruder vom 9. März 1802) zu finden.

Die "Zeiten"

Wichtigstes Produkt von Runges Überlegungen war die Darstellung der Zeiten. An diesem Vorhaben arbeitete er von 1802

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