Die Bauaufgabe
'Maison de plaisance' entwickelte sich im 17. und 18. Jahrhundert
in Frankreich im Kontext absolutistischer Hofkultur. Die politische
Entmachtung des Adels, seine kontrollierende Anbindung an den königlichen
Hof sowie das strenge hierarchische Reglement des höfischen
Lebens durch Etikette und Zeremoniell verursachten alltägliche
Zwänge, die von der zeitgenössischen
Traktatliteratur als Grund für den gelegentlichen Rückzug
aufs Land genannt werden.
Der seit der Antike bekannte Topos des erholsamen,
unbeschwerten ländlichen Daseins hat somit auch im Zeitalter
des Absolutismus Bestand. Allerdings erhält er jetzt eine neue
politisch-zwanghafte Dimension: denn in dem zentralistischen Staatssystem
kann sich der Adel nur unter dem Vorwand harmloser Vergnügungen
auf seinen ehemaligen Herrschaftssitz auf dem Lande zurückziehen,
ohne sich revolutionärer Machenschaften verdächtig zu
machen.
Ein weiterer, ideologischer Unterschied
zur italienischen Villenkultur ergibt sich aus der in "Stadt"
und "Hof" geschiedenen Gesellschaft, deren Gegenbilder
zum einfach-tugendhaften Landleben entsprechend unterschiedlich
sind: für die Einen ist es das ökonomisch-soziale Netz
der Stadt für die Anderen das politisch-soziale Gefüge
der Residenz - ob sie nun wie Versailles selbst auf dem Land lag
oder nicht.
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