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Fieberreiz, welcher jeden gefühlvollen Beschauer mächtig ergreift, aber immer ein untröstliches Gefühl hervorbringt. - Das ist nicht der Ernst, nicht der Charakter, noch der Geist und die Bedeutung der Natur, das ist hineingezwungen. - Friedrich fesselt uns an einen abstrakten Gedanken, gebraucht die Naturformen nur allegorisch, als Zeichen und Hieroglyphen, sie sollen das und das bedeuten. In der Natur spricht sich aber jedes Ding für sich selbst aus, ihr Geist ihre Sprache liegt in jeder Form und Farbe. Eine schöne Naturszene erweckt freilich auch nur ein Gefühl, aber dieses ist so weit umfassend, so groß, gewaltig, mächtig, daß ihm gegenüber jede Allegorie vertrocknet, zusammenschrumpft. Hier zeigt sich die Aehnlichkeit der Landschaftsmalerei mit der Musik, diese gibt uns auch immer nur ein Gefühl, aber durch die verschiedene Modulation der Töne und des Rhythmus ist es so weit umfassend daß die Phantasie, der ganze Geist des Menschen aufgeregt wird und Raum hat, weit und selig herumzutummeln in dem schönen Gefilde. Meinen Geist herauflocken mit einem Bilde, ihn dann an einem abstrakten Gedanken fesseln, nimmt allen echten Reiz und verfehlt die eigentliche Wirkung. Die Befreiung des Geistes, dieses Gefühl der Freiheit in einem weiten, beseelten Raume, das ist es hauptsächlich, was die Natur so wohltätig auf uns einwirken läßt. Es ist ein unglücklicher Irrtum unserer Zeit und zeigt ihre Ueberspannung, Schwäche und Kränklichkeit, daß sie gern trüben, fieberhaften Bildern nachgehen mag. (Byron und in besserem Sinne auch Friedrich.) Sie erschüttern uns, reizen dann plötzlich den Faden ab und überlassen uns unserer gereizten Empfindung. Wie rein, herrlich, natürlich ist der alte Homer in seinen Naturschilderungen und doch wie bedeutend! In unseren Zeiten hält man das für das größte Kunstwerk, welches unseren kranken, schwachen Geist am tollsten reizen und aufregen kann.

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