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Farbenvollendung ist, eine Ansicht aus dem Park in Terni [eine kleinere Fassung als die in der Alten Nationalgalerie Berlin, wohl identisch mit dem Bild in der Staatsgalerie Stuttgart]. Ein kleiner See, umgeben von hohem Laubholz, hinter welchem sich eine felsige Gebirgskette hinzieht, die den kristallblauen Reflex des Himmels in ihre spiegelglatten dunklen Basaltflächen aufnimmt. Die Kühle entströmt dem Waldgrund und steigt aus dem blauen See, in dem sich zwei Mädchen baden, während im Vordergrund die heiße Atmosphäre die harzschwitzenden Bäume umdampft. Von dieser kleinen, aber bewunderungswürdigen Landschaft habe ich eine Lotterie gemacht, das Los zu einem Louisd'or, unter der Protektion der Frau Kronprinzessin, deren Mildtätigkeit zu groß ist, als daß sie über irgendetwas verfügen könnte. [...]
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Die Insel Capri, das blaue Meer wie einen Diamant umfassend, im glühenden Mittagslicht, wo die Sträucher und einzelnen Bäume, die dem versandeten Strand entwachsen, kurze blaue Schatten werfen, und das verbrannte Gras und Geniste; die kreidigen Mauern der Fischerhütten längs dem Ufer, über das herüber das blaue Meer seinen feuchten Atem haucht und in dem gelben Fels, der es mit mächtiger Anmut umbuchtet, seine kühlen Farben spiegelt! Wie schön ist dieses Bild! Sie waren ja dort, Sie werden sich der Linien noch erinnern, die sich am Horizont über dem Meer wegschwingen, von den Felswänden, auf denen die Burg des Tiberius liegt, die die ersten Sonnenstrahlen auffängt am Morgen und sie bis zum Untergang einsaugt. Wie da alles in der heißen Stille unbeweglich ruht. Nur der Fischerknabe liegt auf dem glühenden Stein, auf der Zither klimpernd, und das Mädchen gibt träumend ein halb Gehör. Alles ist Widerhall in der Natur, denn die Empfindungen, die sie aufruft in dem Beschauenden, sind das Gepräge ihres Geistes in seiner Seele, die, von ihrer Schönheit erfüllt, einen Klang gibt, aus dem wir die Stimme Gottes vernehmen. Der Maler, der damals dies Capri mit seinen Sinnen auffaßte und später auf der Leinwand diesen Eindruck aussprach, gibt Zeugnis von der Stimme, die an sein Herz sprach. Wie könnten uns sonst Kunstwerke rühren mehr als die Natur, wenn selbst in unvollkommenen Versuchen, als bloß, weil wir erschüttert sind, daß die Gewalt des Geistes, der alles geschaffen hat, hier in der Phantasie des Malers als in einem Spiegel sich abbildet! Dieser Widerklang des Göttlichen aus der Seele eines Menschen rührt uns, und darum lieben wir die Kunst und in der Kunst nur dies, und alles andere ist Einbildung.
Der arme Maler! Der Spiegel seiner Seele, der so hell auffaßte, ist ganz dunkel geworden. So mancher andere, der nie durch diesen heiligen Vorzug, das Schöne in der Natur zu spiegeln, ausgezeichnet war, maßt sich das Recht an, solche Kunsterscheinungen zu verstehen; so mancher, der nicht vermag, den Widerhall des Göttlichen weiterzutragen, ist auch ohne diese Fähigkeit ein Kluger unter den Menschen, aber dieser Arme, der seinen Geist nur dieser Auffassung hingab und zu keiner gemeinen Sorge sich herabließ und nichts bestellt hat im Leben als nur dieses Trinken der Natur und Wiederaushauchen, der ist, nachdem ihm dieses heilige Geschenk untergegangen, nun auch erloschen. Ja gewiß, wenn den Sinnen einmal der Weg gebahnt ist, sich zu vergeistigen, und die Flügel werden gelähmt, dann ist der Sturz in den Abgrund gewiß. [...]
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