ich habe sie ganz bearbeitet wie eine Symphonie. Ich
werde, da ich darin die vier Hauptideen und das Ganze
habe, ohne Schwierigkeit die Verbindung durch leichte
Arabesken bewirken können. Als Zimmerverzierung
wird es eine etwas schwere Kost; das tut aber nichts,
denn aus diesen Entwürfen lassen sich nachher mit
Leichtigkeit sehr viele kleinere Sachen hervorbringen,
und verständlich sind sie mehr, als ich anfangs
selbst dachte ...
[...]
Dresden, den 22. Februar 1803
Sonntag habe ich Dir nicht geschrieben, weil ich den
"Tag" fertig kriegte und nicht aufhören
wollte zu arbeiten; nun will ich Dir auch sagen, was
meine Angst gewesen ist, die ich nicht verstanden habe,
es war eben der "Tag", der eine schwere
Geburt gewesen; "wenn aber das Kind zur Welt geboren,
denket man nicht mehr an die Angst, um der Freude willen".
- Ich habe da nun oben die Lilie durch einen Kornblumenkranz
gesteckt; die Sonne sehen wir am Tage nicht an, wir
sind im Bilde selbst und freuen uns der Lebendigkeit
unsrer lieben Mutter Erde und ihrer Fülle und Gaben.
So sitzt denn die Mutter unten in einer Nische, deren
Rand von Aprikosen, Kirschen, Johannisbeeren, Pflaumen
und Weintrauben ist. Unten zu ihren Füßen
quillt das lebendige Wasser heraus. Vor ihr trennen
sich die beiden Geschlechter am Tage zur Arbeit und
zum Leben, zwischen ihnen blühen zwei Vergißmeinnicht,
welche die Trennung aussprechen; auf beiden Seiten sind
nun neben den Figuren Brennesseln, dann bückt sich
auf jeder Seite eines, um ein Veilchen zu pflücken,
wobei sie sich nach einander umsehen; weiter kommt eine
große Distel, und vor dieser steht eine Glockenblume
(auf der ändern Seite eine Hyazinthe), an welcher
ein Kind wie läutend steht. Hinten wächst
neben der Laube zu beiden Seiten eine blaue Iris, deren
Schilf sich über der Laube zusammenbiegt, wo in
der Mitte zwei Kinder die Mahlzeit zusammen halten.
Hinter allem diesem schießt auf der weiblichen
Seite Flachs, auf der männlichen steigen Kornähren
auf. - Ich habe jetzt in allen Bildern das Schwerste,
den reinen Zusammenhang, überstanden; die Rahmen
finden sich von selbst. Den "Morgen" habe
ich ganz wieder durchgearbeitet, und es ist bei weitem
das beste, daß ich nun kein Wort weiter darüber
spreche, bis ich es Euch recht selbst zeigen kann.
[...] Ich habe noch Sachen im Kopf, ich sage nur soviel:
- Salz! Meine vier Bilder, das ganze Große davon
und was daraus entstehen kann: kurz, wenn sich das erst
entwickelt, es wird eine abstrakte malerische phantastisch-musikalische
Dichtung mit Chören, eine Komposition für
alle drei Künste zusammen, wofür die Baukunst
ein ganz eignes Gebäude aufführen - sollte.
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