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Titelkupfer der "Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders", 1796: "Der Göttliche Raphael"


Goethes Abwehr der Romantik

Auf anderen Feldern kündigte sich die Romantik mit einer Macht an, welche das Primat antiker Themen in der Malerei massiv bedrohte. Bis 1805 blieb die Romantik zwar eine im wesentlichen literarische Strömung, aber bereits das erste vollgültige romantische Werk, die 1796 erschienenen "Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders" von Wilhelm Heinrich Wackenroder (1773-1798), zeichnete sich durch seine Affinität zur Malerei aus, die rasch programmatischen Charakter gewann. Wackenroder und sein Mitautor Ludwig Tieck (1773-1853) ließen einen kunstbegeisterten Mönch sein Credo der Kunstfrömmigkeit formulieren. Kunst war dem Klosterbruder eine Sprache Gottes, in der sich der Schöpfer dem Menschen offenbare. Der Betrachter nähere sich dem Kunstwerk nach romantischem Verständnis mit Andacht, und nicht, wie es Goethe forderte, mit kritisch-analytischem Blick. Den Romantikern ging es darum, mittels Kunst Glaubenswahrheiten zu verkünden, an der Umsetzung eines innerweltlichen Schönheitsideals war ihnen nicht gelegen.

Weitere wichtige Schriften der Romantik waren Tiecks 1798 erschienener Roman "Franz Sternbalds Wanderungen", gefolgt von den Schriften der Brüder August Wilhelm und Friedrich Schlegel (1767-1845 bzw. 1772-1829).
Goethes Antwort auf die Romantiker war, daß die Kunst der Antike und der Hochrenaissance den modernen Künstlern als Vorbild zu dienen habe. Raffael, von den Romantikern gleichermaßen verehrt, sollte dabei nach Goethes Ansicht nicht als Madonnenmaler (wie die Romantiker es taten) gesehen werden; vielmehr sah er in ihm einen Künstler, der danach strebte, ein klassisches Schönheitsideal zu verwirklichen. Um seine Kunstansichten unmißverständlich ins öffentliche Bewußtsein zu heben, formulierte Goethe eine Gegenstandslehre der Kunst, die einen erneuten Bund von Kunst und Religion verhindern sollte. Damit seine Forderungen nicht bloße Theorie blieben, veranstaltete er ab 1799 Preisaufgaben, die zum Ziel hatten, den Künstlern Stoffe nahezulegen, welche jeglicher Möglichkeit der Romantisierung unverdächtig waren.

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