Wäre es nun
also auch wahr, daß die Künste zu Verschönerung
der Dinge um uns wirken, so ist's doch falsch, dass
sie es nach dem Beispiele der Natur tun.
Was wir von Natur sehn, ist
Kraft, die Kraft verschlingt; nichts gegenwärtig,
alles vorübergehend, tausend Keime zertreten, jeden
Augenblick tausend geboren, groß und bedeutend,
mannigfaltig ins Unendliche; schön und häßlich,
gut und bös, alles mit gleichem Rechte nebeneinander
existierend. Und die Kunst ist gerade das Widerspiel;
sie entspringt aus den Bemühungen des Individuums,
sich gegen die zerstörende Kraft des Ganzen zu
erhalten. Schon das Tier durch seine Kunsttriebe scheidet,
verwahrt sich; der Mensch durch alle Zustände befestigt
sich gegen die Natur, ihre tausendfache Übel zu
vermeiden und nur das Maß von Gutem zu genießen;
bis es ihm endlich gelingt, die Zirkulation aller seiner
wahr- und gemachten Bedürfnisse in einen Palast
einzuschließen, sofern es möglich ist, alle
zerstreute Schönheit und Glückseligkeit in
seine gläserne Mauer zu bannen, wo er denn immer
weicher und weicher wird, den Freuden des Körpers
Freuden der Seele substituiert, und seine Kräfte,
von keiner Widerwärtigkeit zum Naturgebrauche aufgespannt,
in Tugend, Wohltätigkeit, Empfindsamkeit zerfließen.
Herr S. geht nun seinen Gang,
den wir ihm nicht folgen mögen; an einem großen
Trupp Schüler kann's ihm so nicht fehlen, denn
er setzt Milch vor und nicht starke Speise; redet viel
von dem Wesen der Künste, Zweck; und preist ihre
hohe Nutzbarkeit als Mittel zu Beförderung der
menschlichen Glückseligkeit. Wer den Menschen nur
einigermaßen kennt, und Künste und Glückseligkeit,
wird hier wenig hoffen; es werden ihm die vielen Könige
einfallen, die mitten im Glanz ihrer Herrlichkeit der
Ennui zu Tode fraß. Denn wenn es nur auf Kennerschaft
angesehn ist, wenn der Mensch nicht mitwirkend genießt,
müssen bald Hunger und Ekel, die zwei feindlichsten
Triebe, sich vereinigen, den elenden Pococurante zu
quälen.
Hierauf läßt er sich
ein auf eine Abbildung der Schicksale schöner Künste
und ihres gegenwärtigen Zustandes, die denn mit
recht schönen Farben hin imaginiert ist, so gut
und nicht besser als die Geschichten der Menschheit,
die wir so gewohnt worden sind in unsern Tagen, wo immer
das Märchen der vier Weltalter suffizienter ist,
und im Ton der zum Roman umpragmatisierten Geschichte.
Nun kommt Herr S. auf unsere
Zeiten, und schilt, wie es einem Propheten geziemt,
wacker auf sein Jahrhundert; leugnet zwar nicht, daß
die schönen Künste mehr als zuviel Beförderer
und Freunde gefunden haben, weil sie aber zum großen
Zweck, zur moralischen Besserung des Volks, noch nicht
gebraucht worden, haben die Großen nichts getan.
Er träumt mit andern, eine weise Gesetzgebung würde
zugleich Genies beleben und auf den wahren Zweck zu
arbeiten anweisen können, und was dergleichen mehr
ist.
Zuletzt wirft er die Frage auf,
deren Beantwortung den Weg zur wahren Theorie eröffnen
soll: "Wie ist es
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