Quelle 3: Die Kaiserproklamation in Versailles am
18. Januar 1871
Th. Toeche-Mittler: Die Kaiserproklamation
in Versailles am 18. Januar 1871. Mit einem Verzeichniß
der Festtheilnehmer und einem Grundriß der Festräume,
Berlin 1896.
(S. 18:) [...] Vor dem Altar stand der amtirende Geistliche,
der Hof- und Garnisonsprediger Rogge, geschmückt
mit dem ihm am Morgen des Festtages vom Könige
gesandten Eisernen Kreuze am weißen Bande [...].
Vor diesen schmalen Reihen blieb ein breiter Gang für
den Eintritt der höchsten Herrschaften durch die
Länge des Saales frei, bis zur Stufenbühne,
auf der bereits die Fahnen-Unteroffiziere, den gerollten
Mantel schräg über Schulter und Brust, mit
ihren Feldzeichen Aufstellung in einem flachen Halbkreise
genommen hatten. [...]
[...]
(S. 22:) Nach kurzem Aufenthalt meldeten die beiden
Hofmarschälle, daß Alles bereit sei, und
von ihnen geleitet betrat der König die Galerie.
Er trug die Uniform seines 1. Garde-Regiments zu Fuß
mit dem Bande des Schwarzen Adler-Ordens und geschmückt
mit allen Kriegsorden, Kriegs-Ehrenzeichen und -Denkmünzen.
[...]
(S. 30:) [...] Nun [nach dem Gottesdienst am Altar in
der Mitte der Galerie] schritt er [König Wilhelm],
unter Vorantritt der beiden Hofmarschälle, zwischen
seinem Sohne und dem Gemahl seiner Tochter, langsam
- man sah seine innere Bewegung - durch die zweite Hälfte
des Saales, vor die Stufenbühne. Er ersuchte alle
anwesenden Fürsten, sie vor ihm zu betreten; kaum
bot sie für die erlauchte Versammlung hinreichend
Raum. [...] Die Minister und höchsten Würdenträger
waren unmittelbar gefolgt und ordneten sich, unter Vorantritt
des Grafen Bismarck, im offenen Halbkreis gegen die
Stufen, jedoch so, daß sie mehr die nach der Spiegelwand
gelegene Hälfte des Raumes füllten. [...]
Während so die Versammlung sich neu ordnete, musterte
der König die Aufstellung auf dem Hochtritt. Halblaut
gab er den Trägern der Fahnen, die er sich zunächst
hatte sehen wollen, den Befehl, noch zwei Schritte vor,
dicht hinter ihn zu treten. So stellte er sich in die
Mitte der Erhöhung; an seine Rechte trat der Kronprinz,
zur Linken der Großherzog von Baden. Es herrschte
tiefe, ehrfurchtsvolle Stille. König Wilhelm wandte
sich den versammelten Fürsten zu, vor ihnen die
Ansprache, die er in der Rechten hielt, zu verlesen.
Wenn er dabei auch dem Saale halb den Rücken zuwenden
mußte, so verlas er die folgenden Worte doch mit
so fester, lauter Stimme, (S. 31:) daß sie bis
in den entferntesten Winkel des großen Saales
deutlich vernehmbar waren.
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