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Frankreich in den 1870er Jahren

In den 1870er Jahren stand Frankreich nach 1792 und 1848 erneut im Zeichen der Republik. Die Dritte Republik wurde am 4. September 1870 ausgerufen, zwei Tage nach der französischen Niederlage bei Sedan, welche den Deutsch-französischen Krieg beendet hat. Die Ausrufung besiegelte den Untergang Napoleons III., der seit 1851 als französischer Kaiser regiert hatte und bei Sedan in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war.

Auch wenn das mittlere und Kleinbürgertum in der Dritten Republik an Einfluß gewonnen haben, konnten die traditionellen Eliten mindestens bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ihre sozial dominierende Rolle in vielen Bereichen von Politik und Gesellschaft aufrechterhalten. Fast das ganze Jahrzehnt hindurch wurde die Republik von konservativen, oftmals antirepublikanischen Kräften bestimmt. Die Dominanz des konservativen Lagers erklärt sich aus den Ereignissen unmittelbar nach der militärischen Niederlage. Die Deutschen hatten am 19. September 1870 begonnen, Paris zu

belagern, weil die Republikaner für die Fortführung des Krieges mit allen Mitteln eingetreten waren, während die Konservativen dem kriegsmüden Volk den Frieden versprochen haben. Diese Haltung brachte den Konservativen die Mehrheit, als die Franzosen darangingen, nach der Kapitulation von Paris am 28. Januar 1871 eine Nationalversammlung zu wählen. Die in Bordeaux zusammengetretene Versammlung ernannte den Orléanisten Adolphe Thiers zum Chef der Exekutivgewalt. Mit Unterstützung einer monarchischen Mehrheit regierte er bis 1873.

Thiers sollte nur solange regieren, bis nach dem Willen der politischen Mehrheit die Monarchie wieder hergestellt werden konnte. Dieser Umstand war es, der der Republik paradoxerweise das Überleben sicherte: Hervorgegangen aus einer Situation der nationalen Verteidigung, konnte sie für die Konservativen nur solange akzeptabel sein, wie sie explizit ein Provisorium bis zur Restaurierung einer Monarchie blieb. Daß die Restauration jedoch ausblieb, verhinderte allein die Uneinigkeit des konservativen Lagers: Die Legitimisten und die Orléanisten waren sich in der Ablehnung der Republik als Staatsform einig, aber gespalten in der Bestimmung des Herrschers. Die Republikaner wußten diese Konstellation zu

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