Malerschulen vertreten. Nicht Alles, was hier geschaffen
wurde, läßt sich von Verirrungen des Geschmacks
freisprechen, während man von Anderm mit Fug und
Recht behaupten darf, daß es in großartiger
Weise zur ästhetischen Ehrenrettung unserer Zeit
gewirkt hat. In einzelnen Porträtfiguren historische
Stimmungen abzuspiegeln, Volkskämpfe der Vergangenheit,
Soldatenschlachten der Gegenwart mit unübertrefflichen
dramatischer Lebendigkeit zu schildern, ist künstlerisch
an und für sich eine große That: aber auch
für den Zusammenhang der Kunst mit der modernen
Bildung ist es von hoher Bedeutung.
In dem kräftigen Naturalismus der Composition und
Ausführung, in der scharfen psychologischen Charakteristik,
in der großartigen Naturwahrheit der einzelnen
Gestalten wie der ganzen Gruppe erkennen wir unsere
Zeit wieder, und zwar von ihrer bessern Seite, mit ihrem
energischen Natursinn, mit ihrer tiefen Achtung für
die äußere Erscheinung, mit ihrem festen
Glauben an die Rechte der Wirklichkeit. Wir stehen vor
dem eigenen Fleisch und Blut, die Gestalten sind der
unmittelbaren Wirklichkeit entlehnt, dann aber auch
mit allen Reizen des Lebens ausgestattet, fesselnd nicht
weniger durch ihre Schönheit als durch ihre Wahrheit.
Diese historische Genremalerei, ein besseres Wort haben
wir nicht dafür, hat mit dem alten Epos keine Verwandtschaft,
wohl aber mit dem modernen Roman; sie ist das Gegenbild
der naturalistischen Anschauung in der historischen
Poesie unserer Tage und gleich dieser eine Folge aus
den Grundsätzen unserer Bildung.
Springer 1856: Über das Individuelle in der
Historienmalerei
Anton Springer: Die bildenden Künste
in der Gegenwart, in: Die Gegenwart, eine encyklopädische
Darstellung, 12 Bde., Bd. 12, Leipzig 1856, S. 717.
Zunächst gewinnt die historische Malerei eine größere
Bedeutsamkeit, nicht jene, die nur den Geist, wir möchten
sagen, das Jenseits der Geschichte zeichnet, und die
ewigen allgemeinen Gesetze menschlicher Entwickelung
schildert, sondern welche das Augenmerk auf die individuellen
Zustände und die leidenschaftlichen Formen der
Geschichte richtet, beziehungsreiche Einzelmomente hervorhebt
und die Hülfe stofflichen Interesses zur Erzielung
einer größeren Wirkung nicht verschmäht.
Eine ähnliche Annäherung an das Sachliche
und Allgemeingültige wird auch in der Genremalerei
bemerkt.
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