gemeiner Täglichkeit und interesselosen Scheines
concentriren, aus ihm seine alleinige Norm entlehnen
und gewaltsam den Muth seiner erniedrigenden Begeistrung
schöpfen wollte, würde selbst bei dem höchsten
Grade formeller Geschicklichkeit dadurch nichts anderes
gethan haben, als aus der Sphäre der Kunst überhaupt
herausgetreten zu sein. Denn die Kunst hat es in Form
und Gehalt überall nur, in Darstellung des Göttlichen
und Menschlichen, in Tragik und possenhaftem Humor,
mit dem in sich Wahrhaftigen zu thun, in das sie ihren
Gegenstand und dessen individuelle Erscheinung directer
oder indirecter zurückführt, wenn beide weder
einander noch ihrem eigentlichen Wesen unmittelbar entsprechen.
Springer 1854: Der Verlust des historischen Protagonisten
im 19. Jahrhundert
Anton Springer: Die ästhetischen
Anregungen in der modernen Bildung, in: Deutsches Museum,
4. Jg. 1. Halbjahr (1854), S. 785-799, hier S. 797f.
Das moderne Epos ist der Roman, und dieser nur ein neuer
Beleg der Richtigkeit des berühmten Satzes, daß
das moderne Schicksal durch die Politik, durch die Macht
des Endlichen und Zufälligen bestimmt wird. Die
unmittelbare Verkettung allgemeiner Ereignisse mit dem
Kleinen und Zufälligen, das Herauskehren der privaten
Persönlichkeit an dem historischen Helden, das
Einkleiden des Weltgeistes in die menschliche Haustracht,
oder wenn ein philosophischer Ausdruck gestattet ist,
das Betonen des Umstandes, daß auch das Höchste
und Erhabenste im Leben an das Endliche und Natürliche
gebunden ist, das sind die bezeichnenden Merkmale des
Romans im Gegensatz zur älteren epischen Dichtung.
Einen verwandten Zug, einen ähnlichen Naturalismus
kann selbst die Wissenschaft der Geschichte nicht ableugnen.
Die Quelle der Verkettungen bildet hier allerdings nicht
die Phantasie, sondern Urkunden und Memoiren. Indem
aber die historische Wissenschaft aus der Richtung der
Gebirge und dem Zuge der Ströme, aus klimatischen
Erscheinungen und aus der Beschaffenheit der landwirtschaftlichen
Umgebung die Volkszustände und den Gang der Ereignisse
zu erklären versucht, indem sie den Einfluß
bestimmter Persönlichkeiten auf die Entwicklung
allgemeiner Zustände schildert, diese auf jene,
ihren Charakter, ihre Lebensverhältnisse zurückführt,
von allen Ideen und Anschauungen die natürliche
Entstehung zu erzählen weiß, zeigt sie deutliche
Anklänge an die in der neuern historischen Dichtung
herrschenden Grundsätze.
Auch diese Richtung unserer Bildung ist nun ebenfalls
in der Malerei, namentlich in dem überrheinischen
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