HOME


    
    
    
    
        
        
 
     
    
    
    
    

 

Bereits Jean-Baptiste Greuze (siehe Lektion 1) brachte den Betrachter dazu, sich bei seinen anrührend-sentimentalen Bildern (Bild) einfühlend für die Umstände und die Vorgeschichte des Geschehens zu interessieren. Auch das 1799 von Pierre Narcisse Guérin gemalte Bild Le retour de Marcus Sextus fordert vom Betrachter das mitleidende Erahnen persönlich erfahrener Tragik (siehe Lektion 2) (Bild), doch hat sich der Akzent nach 1800 verschoben: Nun entdecken die Maler das Traumhafte, Unheimliche oder gar Grauenhafte. Die Malerei wirkte dort am besten, wo sie sich solcher Themen bediente, die noch nicht durch eine lange Tradition eingeführt waren. Dazu gehörten die klassischen Werke Dantes und Shakespeares sowie die der Zeitgenossen Goethe, Lord Byron und Madame de Staël. Ein weiteres, großes Feld war das zeitgenössische Geschehen.

Géricault und Delacroix

Théodore Géricault (1791-1824) und Eugène Delacroix (1798-1863) sind die Hauptvertreter der französischen Romantik. Beide lernten

im Atelier von Guérin, doch wurde der ältere Géricault stark von Gros beeinflußt, den er als seinen eigentlichen Lehrer ansah. Horace Vernet, auch dieser aus der napoleonischen Zeit bestens bekannt, wurde Géricaults Lehrer in Italien, wo er sich 1816/17 aufhielt. Mit Vernet verband Géricault seine zeitlebens gehegte Vorliebe für Pferdedarstellungen. Während Vernet die Pferde auf der "Corsa dei Barberi", dem Rennen der Berberhengste im römischen Karneval, als pittureskes Geschehen darstellte (Bild), gestaltete Géricault das gleiche Thema als kraftvolles Gleichnis zeitlosen Tuns (Bild). Die Begegnung mit der Kunst Michelangelos ließ ihn, wie es auch viele Zeichnungen zeigen, zu einer neuen Form finden.

Erfüllt von dem Drang zum großen Format war Géricault nach Frankreich zurückgekehrt, auf der Suche nach einem Stoff, der dieser Formensprache würdig wäre. Mit seinem Thema, Le radeau de la Méduse, griff er ein Ereignis der jüngsten Vergangenheit auf. Als das riesenhafte Bild 1819 im Salon zu sehen war, lag der Bildanlaß gerade einmal drei Jahre zurück. 1816 war die Fregatte "La Méduse" vor Westafrika auf Grund gelaufen. Da nicht alle Passagiere Platz in den

<< Seite 5/9 >>