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Prud'hon, La Justice et la Vengeance divine poursuivant le Crime, 1808


Der Triumphzug der romantischen Malerei

In Lektion 3 war zu sehen, mit welchen Bildstrategien die napoleonischen Schlachten dargestellt wurden und wie der Darstellung unterhalb der offiziellen Lesart eine zweite Sinnschicht hinzugefügt werden konnte. In der malerischen Behandlung der Themen boten manche Bilder dem Betrachter Neues, das sich von der david'schen Tradition spürbar abzusetzen begann: So ist das in der vorangegangenen Lektion untersuchte Gemälde Combat de Nazareth vom David-Schüler Antoine-Jean Baron Gros (1771-1835) wie ein gewaltiges malerisches Schauspiel gestaltet, das zwar aufgrund seiner Konzeption Kritik auf sich zog, in seiner Malweise jedoch Begeisterung weckte (Bild). Es gehört zu den Werken, die die Malerei der Romantik vorbereitet haben, welche in den Jahren der Restauration zu ihrer Blüte geführt wurde. Nach damaligem akademischen Verständnis hätte Gros die großformatige Skizze inein sorgfältig ausgearbeitetes Gemälde umsetzen müssen, in dem alle Spuren der Pinselarbeit getilgt sind.Dies unterblieb jedoch, und der Anklang beim Publikum belegt, daß ein nicht an

den Bildgegenstand gebundener Pinselduktus, den man der Skizze, nicht aber dem "fertigen" Werk zugebilligt hatte, nun als eine vollgültige Qualität gewürdigt wurde. Gros war der erste Maler im vom Seminar behandelten Zeitraum, der die touche – den Pinselstrich – im Historienbild etabliert hat. Damit ebnete er den Romantikern der französischen Schule den Weg zu einer impulsiven Malweise.

Andere Maler begannen ebenfalls in der napoleonischen Ära, der Romantik vorzuarbeiten: Pierre Paul Prud'hon (1758-1823) stellte im Salon des Jahres 1808 das ursprünglich für den Pariser Justizpalast bestimmte Gemälde La justice et la vengeance divine poursiuvant le crime (Gerechtigkeit und göttliche Rache verfolgen das Verbrechen) aus. Es wurde wegen seiner unkonventionellen Mischung von idealem Inhalt und realistischer, in der Figur des Verbrechens sogar häßlicher Form zur Zielscheibe der akademisch orientierten Kritik. Mit dem fliehenden Mörder gestaltete Prud'hon eine Figur, die geeignet ist, sich in die dunklen Aspekte des Verbrechens einzufühlen. Dies stellt gegenüber der klassizistischen Doktrin eine neue Art und Weise dar, Stimmungswerte für die Bildaussage einzusetzen.

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