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Jetzt endlich
aber komme ich auf dasjenige, was ich meiner innigsten
Überzeugung gemäß für das kräftigste
und möchte sagen unfehlbare Mittel halte, der deutschen
Kunst ein Fundament zu einer neuen großen, dem Zeitalter
und Geist der Nation angemessenen Richtung zu geben. Dieses
wäre nichts anderes als die Wiedereinführung
der Al fresco Malerei, so wie sie zu Zeiten des
großen Giotto bis auf den göttlichsten Raphael
in Italien üblich war. Seit ich die Werke dieser
glücklichen Zeiten in diesem schönen Lande gesehen,
mich mit ihnen vertraut und sie immer im Geiste mit denen
unserer großen Vorfahren verglichen, so muß
ich zwar gestehen, daß letztere Kunst eine (zum
wenigsten) eben so hohe reine und wahre und vielleicht
noch tiefere und gewiß eigentümlichere Intention
hat. Aber in Hinsicht der ersteren muß ich denen
beipflichten, die der Meinung sind, daß solche sich
in ihrer Natur freier, vollkommner und größer
entwickelt hat. Nebst der außerordentlichen und
wahren Aufmunterung, die die Kunst durch die lebendigste
Teilnahme der ganzen Nation genoß und andern äußerlichen
Ursachen, halte ich die Ausübung der Alfresco-Malerei
für die erste, die dieses bewirkte. Natürlich
setze ich innere voraus, denn ist der Geist Gottes nicht
mit der Kunst, so helfen alle andern Mittel nichts und
die größten Aufmunterungen und Anstrengungen
sind eitel Tand; wie es ihre Geschichte seit 1600 bis
auf unsere Zeit allzu deutlich lehrt. Diesen Geist also
vorausgesetzt, so ist die Alfresco-Malerei so recht
geeignet alle Elemente in der Kunst auf das freiste und
größte in sich aufzunehmen, und statt auf dem
Wege des leeren Eklektizismus, bloß unvereinbare
Äußerlichkeiten vereinigen zu wollen, zieht
sie wie in einem Brennpunkt die von Gott ausströmenden
Lebensstrahlen zu einem glühenden Brande zusammen,
der wohltätig die Welt erleuchtet und erwärmt,
und in geistig und körperlicher Hinsicht gehören
ihre Werke demjenigen Flecklein der Erde, wo sie entstehen
so eigentlich an, sie sind mit Gott, der Natur, der Zeit
und dem umgebenden Leben im schönsten Einklange,
und kein gebildeter Barbar führt sie weg. Sie gleichen
einem edlen und trefflichen Mann dessen Kraft und hoher
Wert der Menschheit im allgemeinen ein Segen, eine Freude
ist, doch gehört der schönste wirksamste Teil,
die zärtlichste Beziehung seines Lebens einem kleinern
nähern Kreise gewählter Herzen an, die ihn so
eigentlich denn doch besitzen.
So wäre dann zur Beförderung eines guten Anfangs
dieser Sache nichts wünschenswerter und einer kräftigen
Verwendung bei groß und kleinen würdiger -
als daß diejenigen, die die Wahrheit in der Kunst
mit tapfern Herzen ergriffen, und im Kampfe dafür
ihre Kräfte vermehrt und gebildet; daß man
denen dasjenige Vertrauen schenkte, was sie verdienen,
und ihre vereinte Kräfte ihrem einstimmigen, innigsten
Wunsche gemäß, zu einer großen, würdigen,
ausgedehnten Arbeit in einem öffentlichen Gebäude
irgend einer deutschen Stadt gebrauche; das öffentliche
Leben ist ja so arm an allem edlen Schmuck, und so viel
Talent und Kraft verzehrt sich in unbefriedigter Sehnsucht
nach Tätigkeit und Anwendung, denn was hilft es,
daß ein Licht unter einem Scheffel |
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