Das Costum von der Szene des Vorganges, wovon schon
gesprochen worden ist, so wie der Kleidung, sagt demjenigen
vollkommen zu, was uns Geschichte und andere Monumente
aus dem ersten Zeitalter Roms übrig
gelassen. Die Kleidungen sind aber nicht nur dem Costum
gemäß, sondern auch die Wahl und der Faltenwurf
sehr schön. Wenn auch Raphael in diesem Theile
alle modernen Künstler weit übertroffen hat:
so scheinen doch die Gewänder, besonders an den
beyden jungen Weibern in David's Gemälde nicht
unter Raphel zu seyn. Der Geschmack der antiken Simplicität,
die richtige Auszeichnung des Körpers unter denselben,
der Anfang und Ausgang jeder Falte zeigen sich deutlich,
und geben einen Beweis von der großen Kenntnis
des Künstlers in diesem Theile. (...)
David, der diese starke Manier annahm, suchte zwar in
diesem Bilde die Schatten durchscheinend zu machen:
aber sie bleiben immer hart, unangenehm und ohne sanften
Reflex; das Fleisch braun und eintönig, und die
Weiber haben nichts von dem blendenden Colorit vor den
Männern voraus, welches den runden und schlanken
Formen dieses Geschlechtes erst den wahren Reiz giebt.
Ungeachtet nun das Auge so wenig Schmeichelndes in den
Farbenspielungen wahrnimmt, kann man doch nicht läugnen,
daß das Ganze nicht einen eindringenden Effekt
mache; so daß man nicht weiß, ob man eine
andere Art des Colorites für ein Gemählde
wünschen sollte, welches gänzlich für
den Seelenausdruck, und die hohe Würkung des Ganzen
gemacht zu seyn scheint. (...)
Die französischen Künstler mit ihrer Parthey
werden nicht müde, die drey Horazier über
alles zu erheben, was in modernen Zeiten jemals gemacht
worden. Nach dem Urtheile dieser Leute, in deren Mund
das Kleinste immer zu einer riesenmäßigen
Größe anwächst, haben Michel-Angelo
und Raphael nie besser, ja zuweilen nicht mit dieser
Richtigkeit und Wahl gezeichnet. Nach ihnen findet sich
nur in Antiken die Vollkommenheit und richtige Charakterisirung
von solchen Armen und Beinen. (denn andere Theile der
Nacktheit sind in dem Bilde nicht) Nach ihnen
haben die Italienischen Mahler wohl die Marienbilder
und andere heilige Geschichten sehr gut vorgestellt:
aber das Heroische der Historienmahlerey, den wahren
antiken Stil, und die Seele der hohen Denkart der Alten,
hat David allein gegeben. Nach ihnen soll die Drapperie
so schön als in den schönsten Statuen der
Antiken seyn. Der Enthusiasmus findet sogar in der Art,
wie es coloriert ist, daß es, was das Mahlen und
Helldunkel betrift, nur mit Coreggio zu vergleichen
sey. Kurz die Franzosen wollen die Welt überreden,
daß die Horazier jezt das erste Kunstwerk in der
Welt sind.
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