Klassische und phantastische
Architektur im Barock
Stilgeschichtlich sehr disparat können
auch Werke der Barockarchitektur erscheinen. San Lorenzo in Turin,
ein Hauptwerk des piemontesischen Barock, und die Ostfassade des
Louvre repräsentieren konträre Auffassungen von Architektur,
und dennoch sind sie in denselben Jahren entstanden.
Der Kirchenbau Guarinis überwältigt
durch eine außergewöhnliche Invention, bei der präzises
geometrisches Kalkül ebenso beteiligt war wie Anleihen bei
gotischen Konstruktionsmethoden. Typisch barock' ist aber
die stimmungsvolle, theatralische Wirkung des Lichts, das aus vielfältigen
Öffnungen jeweils verschiedenartig einfällt. Dieser bizarre
Erfindungsreichtum gibt dem Raum eine besondere sakrale Weihe.
Die korinthische Kolonnade in klassisch-ausgewogener
Vollendung wird dagegen zum alles bestimmenden Generalthema der
Louvre-Ostfassade Perraults. Man könnte die Front für
klassizistisch halten, wäre da nicht die Spannung in der Verwendung
von Doppelsäulen und im Nebeneinander von weit ausgebreiteten
und straff aufgerichteten Formwerten. Die klassische Zurückhaltung
zielt hier auf eine vornehme, zeremonielle Erscheinung des königlichen
Schlosses - auch das kann von barocker Architektur geleistet werden.
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