
Lieven (Livio) Mehus (um 1630-1691)
Der Tastsinn, um 1660,
Öl/Lw., 125 x 96 cm,
Italien, Privatsammlung
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Ein eher ärmlich mit Hut, Mantel
und Untergewand bekleideter Blinder sitzt vor zwei hintereinander
stehenden Gemälden und hält den Kopf einer antiken
Skulptur im Schoss. Gleichzeitig betastet er sowohl Gemälde
als auch Skulptur. Er scheint beiden Kunstgattungen die gleiche
Aufmerksamkeit zu schenken. Der Marmorkopf, den der Blinde
ertastet, stellt ebenfalls einen Blinden dar, vermutlich Homer,
den berühmten Schriftsteller der Antike, der im 8. Jh.
v. Chr. lebte. Im Vordergrund beäugt ein Hund eine Schildkröte,
welche seit Cesare Ripas "Iconologia"
die traditionelle Begleiterin des Tastsinns ist.
Auch dieses Bild wurde als Darstellung Francesco Gonnellis
interpretiert, was nicht haltbar ist, da er die Skulptur lediglich
betastet, aber nicht an ihr arbeitet. Auch der Vergleich mit
den Gemälden und die ärmliche Kleidung passen nicht
zu der Legende. Da der Blinde beiden Gattungen die gleiche
Aufmerksamkeit zuwendet, könnte die Intention des Bildes
durchaus in Richtung des überlieferten Experiments Leonardos
gehen. [IKe]
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