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Viele von ihnen wurden entweder interniert, ins Exil getrieben oder gar umgebracht.

Die Malerei der 1850er Jahre

Die 1850er Jahre gelten als die große Zeit des Realismus, einer
Kunstpraxis, die sich der eigenen Gegenwart zuwendet und der
Beobachtung mehr vertraut als der künstlerischen Imagination.
Angegriffen wird dabei vor allem der weiterhin führende akademische Klassizismus, der Gegenwartsinteressen programmatisch ausschloß. Auch in der Frage der favorisierten Gattungen ergibt sich eine deutliche Akzentverschiebung. War bis dahin das Historienbild Orientierungspunkt aller künstlerischern Betätigung, so schlossen es die Realisten aus ihrem Kanon aus, da es natürlich von einem Akt der Imagination vollständig abhängig war. Aber der Realismus ist vielgestaltig. Er verkörpert sich in der das Zeitalter überragenden Gestalt Gustave Courbets (1819-1877), der einen durch und durch politischen und kritischen Realismus praktizierte, der in Themenwahl und künstlerischer Durchführung

massiven Widerstand traf. Und der Realismus zeigt sich in einer breiten Produktion von heute nahezu vergessenen Kleinmeistern, die sich Themen des alltäglichen Lebens widmen, häufig das Mitleid des Betrachters mit dem Leid der dargestellten Figuren provozieren, aber weit von der entschieden subversiven Ästhetik entfernt bleiben, derer sich Courbet bedient. Dieser gemäßigte Realismus hat das Wohlwollen des Staates genossen, nicht so sehr der geläufige Klassizismus. Er profitiert von der Modernität eines Regimes, das der Kunst ganz neue, dem Wohl des autoritären aber sozialen Staates dienende Aufgabenbereiche zuwies. Denn die gemäßigt realistischen Vorlieben der Machthaber entsprachen einem klaren politischen Kalkül. Das Regime Napoleons III. beruhte nämlich - wie schon das seines Großonkels -, wenn nicht auf demokratischer Wahl, so doch auf demokratischer Akklamation. Und dieser Geschmack war eher von realitätsnahen Szenen und nachempfindbaren Erzählungen als von wirklichkeitsenthobenen Klassizismen geprägt, die dem Kunstempfinden der traditionellen Eliten entsprachen.

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