Zum
Abschluß des Kapitels noch ein Beispiel für die Anwendung
der alternativen Bogenform bei Gestaltung und Gliederung eines Innenraums:
der barocke Gemeinderaum der Pfarrkirche St. Nikolaus im oberbayerischen
Murnau, 1717-21 nach Entwürfen eines Unbekannten erbaut.
Der Raum erhebt sich über einem Oktogon,
das auf allen acht Seiten von Arkaden markiert wird. So wie sich
der Bogen auf den diagonalen Achsen des Raumes in dem horizontalen
Gebälk fortsetzt und dieses über zwei Pilasterpfeiler
sich erstreckt, entspricht die Anordnung eindeutig dem Motiv des
syrischen Bogens.
Dadurch werden hier die Schrägseiten des Raumes in besonderer
Weise ausgezeichnet. Man achte auch darauf, wie die horizontalen
Gebälkstücke dazu genutzt werden, mit einer Ausmuldung
die Ecken des Raumes zu überspielen.
Es erweist sich an diesen Beispielen
der angewandten Serliana und des syrischen Bogens ein weiteres Mal,
daß die Motive der Säulenordnungen Grundlage und Material
für vielfältige Variationen und Inventionen der Baukunst
waren. Deshalb gilt auch umgekehrt: für die Analyse von Architektur
ist die Kenntnis der grundlegenden Gliederungsmotive eine elementare
Voraussetzung.
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