Tabulariummotiv
Die ersten beiden Stockwerke im Hof des Convento
della Carità in Venedig - 1560 begonnen und nur fragmentarisch
erhalten - gestaltete Palladio mit einem der klassischen Motive
der antik-römischen Architektur: dem Tabulariummotiv.
Das Tabulariummotiv verbindet in idealtypischer
Weise zwei verschiedene Architekturformen, die sich eigentlich nicht
ohne weiteres vereinbaren lassen: horizontales Gebälk und Bogenstellung.
Dazu wird vor eine kräftige Pfeilerarkatur eine vollständige
Ordnung mit Halbsäulen gestellt; die Bogenstellung nimmt also
das Interkolumnium der Ordnung ein.
In Palladios 'Quattro Libri' und auch
in anderen Traktaten wurde das Tabulariummotiv neben der reinen
Kolonnade als Paradigma für angewandte Ordnungen abgebildet.
Heute wird es nach dem römischen Staatsarchiv, wo diese Form
erstmals nachzuweisen ist, als Tabulariummotiv bezeichnet. Es finden
sich aber auch die Bezeichnungen 'römischer Bogen' oder aber
'Theatermotiv', da das Tabulariummotiv eines der charakteristischen
Aufbauformen der römischen Theater und Amphitheater
war.
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