Wenn nun die Kunst, wie es jetzt vielfach geschieht,
weiter nichts tut, als das Elend noch scheußlicher
hinzustellen, wie es schon ist, dann versündigt
sie sich damit am deutschen Volke. Die Pflege der Ideale
ist zugleich die größte Kulturarbeit, und
wenn wir hierin den anderen Völkern ein Muster
sein und bleiben wollen, so muß das ganze Volk
daran mitarbeiten, und soll die Kultur ihre Aufgabe
voll erfüllen, dann muß sie bis in die untersten
Schichten des Volkes hindurchgedrungen sein. Das kann
sie nur, wenn die Kunst die Hand dazu bietet, wenn sie
erhebt, statt daß sie in den Rinnstein niedersteigt.
Ich empfinde es als Landesherr manchmal recht bitter,
daß die Kunst in ihren Meistern nicht energisch
genug gegen solche Richtungen Front macht. Ich verkenne
keinen Augenblick, daß mancher strebsame Charakter
unter den Anhängern dieser Richtungen ist, der
vielleicht von den besten Absichten erfüllt ist,
er befindet sich aber doch auf falschem Wege. Der rechte
Künstler bedarf keiner Marktschreierei, keiner
Presse, keiner Konnexionen. Ich glaube nicht, daß
Ihre großen Vorbilder auf dem Gebiete der Wissenschaft
weder im alten Griechenland noch in Italien, noch in
der Renaissancezeit je zu einer Reklame, wie sie jetzt
durch die Presse vielfach geübt wird, gegriffen
haben, um ihre Ideen besonders in den Vordergrund zu
rücken. Sie haben gewirkt, wie Gott es ihnen eingab,
im übrigen haben sie die Leute reden lassen.
Und so muß auch ein ehrlicher, rechter Künstler
handeln. Die Kunst, die zur Reklame heruntersteigt,
ist keine Kunst mehr, mag sie hundert- und tausendmal
gepriesen werden. Ein Gefühl für das, was
häßlich oder schön ist, hat jeder Mensch,
mag er noch so einfach sein, und dieses Gefühl
weiter im Volke zu pflegen, dazu brauche Ich Sie alle,
und daß Sie in der Siegesallee ein Stück
solcher Arbeit geleistet haben, dafür danke Ich
Ihnen ganz besonders.
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