Der mächtig wirkende, von allen Anwesenden unter
Posaunenbegleitung gesungene Choral: "Nun danket
alle Gott" beendete die gottesdienstliche (S. 33:)
Feier, und nun wandten sich König Wilhelm und die
deutschen Fürsten der Estrade mit den siegreichen
Fahnen zu und nahmen auf derselben Aufstellung. Der
Pionierhauptmann Dielitz hatte sich in liebenswürdiger
Weise meiner angenommen und mich durch die dichtgedrängte
Masse der Offiziere zu einem günstigen Platz geleitet
[...].
Und nun ging in prunklosester Weise und außerordentlicher
Kürze das große historische Ereignis vor
sich, daß die Errungenschaft des Krieges bedeutete:
die Proklamierung des Deutschen Kaiserreiches! [...]
Der Vorgang war gewiß historisch würdig,
und ich wandte ihm meine gespannteste Aufmerksamkeit
zu, zunächst natürlich seiner äußeren
malerischen Erscheinung, notierte in aller Eile das
Nötigste, sah, daß König Wilhelm etwas
sprach und daß Graf Bismarck mit hölzerner
Stimme etwas Längeres vorlas, hörte aber nicht,
was es bedeutete, und erwachte aus meiner Vertiefung
erst, als der Großherzog von Baden neben König
Wilhelm trat und (S. 34:) mit lauter Stimme in den Saal
hineinrief: "Seine Majestät, Kaiser Wilhelm
der Siegreiche, Er lebe hoch!" Ein dreimaliges
Donnergetöse unter dem Geklirr der Waffen antwortete
darauf, ich schrie mit und konnte natürlich dabei
nicht zeichnen; von unten her antwortete wie ein Echo
sich fortpflanzend das Hurra der dort aufgestellten
Truppen. Der historische Akt war vorbei: es gab wieder
ein Deutsches Reich und einen Deutschen Kaiser! [...]
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