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artintact
5 rezensiert von Stephanie Schönweitz ![]() |
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Beschreibung | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Hinter
dem Titel "CD-ROMagazin interaktiver Kunst" verbirgt sich eine
von 1994 bis 1999 erschienene deutsch-englische CD-Rom Serie des ZKM (Zentrum
für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe). Auf den ersten vier CDs wurden interaktive Installationen aus dem Museum des ZKM dokumentiert. Dies eröffnete auch den beteiligten Künstlern neue künstlerische Erfahrungen, denn "die Möglichkeit zur Verbreitung als Massenprodukt hat viele Künstler gereizt, eine andere Version ihrer ursprünglichen Installationen für dieses kompakte Medium zu entwickeln."(vgl. www.zkm.de/artintact). Als Konsequenz hieraus werden in artintact 5 nun Werke präsentiert, die eigens für das Medium der CD geschaffen wurden. Mit artintact 5 erschien 1999 das vorerst letzte CD-ROMagazin des ZKM. Wie in den vorhergehenden Ausgaben sind 3 Künstler mit ihren Werken auf der CD vertreten. Zwei davon, die ungarische Künstlerin Agnes Hegedüs und der japanische Künstler Masaki Fujihata sind mit anderen Arbeiten bereits in der ständigen Ausstellung des Medienmuseums des ZKM präsent. Das englische Performance Ensemble Forced Entertainment in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Hugo Glendinning wurde 1998 anläßlich der Ausstellung "SurroGate" vorgestellt. |
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Mit "Frozen Palaces" aus den Jahren 1996 - 98 präsentiert das Ensemble auf der CD wieder ein Gemeinschaftsprojekt. Auf einer interaktiven Tour bewegt sich der Zuschauer mit dem Cursor durch ein scheinbar verlassenes Haus. In detektivischer Manier tastet er sich von der Decke übers Parkett, hinter jeder Tür, am Ende jedes Abflussrohres eröffnen sich ihm immer wieder neue unheimliche Szenerien: Schlafende oder in makabrem Tun begriffene Menschen, Partydekor, Spuren eingefroren durch die Fotokamera, lassen Vergangenes nur erahnen. Frozen Palaces reizt den voyeuristischen Blick, den man allzu gern verdrängen würde, deswegen sucht man weiter bis man zu guter Letzt - wie ist es anders zu erwarten - die Leiche im Keller entdeckt. | ![]() |
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In Agnes Hegedüs` Arbeit, "Things unspoken" bzw. "Sprache der Dinge" (dt./engl.) werden auf einer Art Regal persönliche Dinge der Künstlerin ausgestellt von assoziativen fortlaufenden Texten begleitet, die parallel dazu auch gesprochen werden. Die Auswahl der archivierten Gegenstände geschieht direkt über die Texte, die durch Hyperlinks untereinander verbundenen sind, oder über ein Auswahlmenü, das die Dinge nach verschiedenen Kriterien, z.B. Größe oder Funktion ordnet. Klickt man auf einen Gegenstand erscheinen tabellarisch seine Daten. Wie in "Frozen Palaces" wird die Neugier geweckt, im intimen Archiv der Künstlerin zu wühlen. Und die strenge, objektiv wirkende Kategorisierung der Objekte scheint diesen schamlosen Vorgang fast zu legitimieren. | ![]() |
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In
"Impalpability" - übersetzt "die Unberührbarkeit"
-aus dem Jahr 1998 werden erstmals auch die haptischen Reize des Benutzers
angesprochen. Klickt man auf eine der Kugeln, die auf der horizontalen Leiste
in der Mitte angebracht sind, erklingt ein elektronischer Ton. Erst durch
Doppelklick vergrößern sich die Kugeln, und es wird deutlich,
daß Detailaufnahmen von Hautpartien ihre Oberfläche bilden. Nun
soll man seine Maus umdrehen und durch Berührung der Maus-Kugel jene
"Hautkugeln" bewegen. Eine Täuschung der Sinne, die die Unberührbarkeit
der Bildschirmkugeln negiert und die Frage aufwirft: Was berührt man
eigentlich, das Bild oder die Maus, das Bild oder die menschliche Haut?![]() |
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Layout | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Das
reduzierte Screendesign der früheren artintact-Ausgaben wurde beibehalten.
Man ist dem Konzept treu geblieben, mit einer unspektakulären Aufmachung
die drei künstlerischen Arbeiten ins Zentrum zu rücken und Ihnen
so ihren großen Auftritt zu verschaffen. Die Gestaltung wird von kreisrunden
Icons bestimmt, die horizontal oder vertikal vor schwarzem Hintergrund angeordnet
sind, und sicher nicht zufällig erinnern sie an die Kugeln aus "Impalpability".
Jeffrey Shaw, für die Konzeption der CD-Rom verantwortlich und selbst
Medienkünstler, versteht es sich auf besondere Weise den vorgestellten
künstlerischen Werken anzupassen, die sich ebenfalls ausgesprochen
schlicht - in Sprache der Dinge und Impalpability vor schwarzem Hintergrund
- präsentieren. ![]() |
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Benutzerführung | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Das
einfache und übersichtliche Design bedingt die simple Bedienung der
CD-Rom. Auf der Anfangsseite gelangt man über drei kreisförmige nebeneinander gestellte Ausschnitte aus den einzelnen Arbeiten in diese. Über credits erscheinen vier übereinander gelegte Icons, hinter denen, jeweils das Impressum liegt. Über exit verlässt man die CD oder kehrt von den künstlerischen Arbeiten zu den Anfangsseiten zurück. In einer vom CD-ROMagazin unabhängigen Lies mich-Worddatei erhält man vorab eine Bedienungsanleitung. Die Benutzerführung innerhalb der künstlerischen Arbeit gestaltet sich ausgesprochen simpel. Über Links gelangt man zu einer Bedienungsanleitung, die auf sehr knappe verständliche Anweisungen beschränkt ist, um den freien und spielerischen Zugang des Benutzer nicht zu gefährden. Auch Informationen
zur Biographie und Werkverzeichnissen der Künstler bleiben ausgespart.
Die findet man zusammen mit kunsttheoretischen Texten, teilweise von den
Künstlern selbst, im Begleitbuch oder auf den Internetseiten des
ZKM: www.zkm.de. |
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Intermedialität / Interaktivität | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Artintact
setzt die Interaktivität des Benutzers geradezu voraus, denn ohne seinen
Eingriff bleiben ihm die Kunstwerke verschlossen, das Konzept geht nicht
auf. In Frozen Palaces bietet sich die Möglichkeit des spielartigen
Suchens, in Sprache der Dinge die datenbankartige Recherche. Dabei belässt artintact 5 es nicht bei der fast schon traditionellen interaktiven Teilnahme mittels des Cursor, sondern erweitert in Impalpability durch Berührung der Maus-Kugel, die visuelle und auditive Rezeption um eine Komponente, die auf spannende sinnliche Weise die haptischen Reize des Benutzers herausfordert. Kunst zum Fühlen ? ![]() |
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Wertung | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Artintact 5 ist eine in sich stimmige künstlerisch aufgemachte CD,
die Kunst auf unkomplizierte Weise ohne viel Schnickschnack präsentiert
und dem Benutzer erlaubt, sich auf die Kunst ganz einzulassen. Sie vereint
drei gänzlich verschiedene Ansätze interaktiver Kunst. Somit erfüllt die CD ein Ziel, das Hans-Peter Schwarz, früherer Direktor des ZKM Museums folgendermaßen formuliert: "Das Medienmuseum des ZKM ist als ein produktives Kunstmuseum konzipiert,(...) Das Medienmuseum will vielmehr Erfahrungen mit einer Kunst ermöglichen, die nicht auf objekthafte Artefakte fixiert ist , sondern einen Rezeptionsprozeß auslöst, der vom realen Raum des Museum ausgehend, sich in die virtuellen Räume erstreckt." Gerade die
Themen Voyeurismus, private Erinnerungen und der lebendig werdende PC
eignen sich für die CD zu Hause. Dort ist es dann eine besonders
interessante, auch wohltuende Erfahrung, ganz allein, so lange man will,
sich mit dieser Kunst zu beschäftigen, anders als im öffentlichen
Raum des Museums oder der Ausstellung, wo allzu oft die Scheu den gewollt
spielerischen Umgang mit der Kunst unterdrückt, und die Interaktivität
der Installationen nicht mit all ihren subtilen Möglichkeiten ausgenutzt
werden kann. |
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Technische Daten | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
CD-Rom und Buch: 160 Seiten + Illustrationen Die CD: Konzeption: Das Buch: |
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© Institut für Kunstgeschichte der LMU München, 9/2001 |