Daumier - Apelles und Kampaspe

Honoré Daumier (1808-1878)
Apelles und Campaste, 1842,
Lithographie, 24 x 19,9 cm,
Bremen, Kunsthalle, Kupferstichkabinett
(Histoire ancienne Nr. 36, erschienen am 30. November 1842 in Le Charivari)

Die Anekdote von Alexander dem Großen, der seinem Hofmaler Apelles seine Geliebte schenkt und ihr Portrait behält, wurde oft als Lob auf den kunstverständigen Herrscher gedeutet. In Daumiers Lithographie steht Alexander zwischen Apelles und Campaspe und führt deren Hände wie bei einer Hochzeitszeremonie zusammen. Er wirkt extrem arrogant, seine große Nase ist bildlicher Ausdruck seiner Hochnäsigkeit. Links von ihm steht Campaspe. Sie ist lediglich in ein weißes Tuch gehüllt und sieht im Gegensatz zu anderen Darstellungen dieser Geschichte alles andere als anmutig und jugendlich aus. Ihr Gesichtsausdruck wirkt pikiert, die Abneigung steht ihr ins Gesicht geschrieben. Apelles ist vor ihr auf die Knie gefallen, ein magerer alter Mann mit Brille und verzücktem, dümmlichem Gesichtsausdruck, ein verarmter Maler in zerschlissenem Gewand. Während die Künstler seit der Renaissance mit der Darstellung dieser Legende den Kunstverstand des Herrschers und seine Hochschätzung der Malerei thematisieren, ist hier das Gegenteil der Fall, was die Bildunterschrift in "Le Charivari" unmissverständlich betonte:
"Wohl wissend, dass Apelles für sein zartes entzückendes Modell schwärmte und in unsinniger Begierde verging, schenkte ihm Alexander mit der Geste des großen Königs jene Schöne, von der er ohnehin genug hatte."

Daumier greift in seiner Lithographie die Komposition eines Gemäldes von Charles Meynier, einem anerkannten Klassizisten auf. Damit trifft seine Kritik ganz konkret die Idealisierung der Antike durch die zeitgenössischen klassizistischen Maler. In der Ausstellung können Sie Vorbild und Karikatur im Original miteinander vergleichen. [RHa]

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