Das Glashaus von Bruno Taut

In der von der mib GmbH 1994 produzierten CD Rom dreht sich - im wahrsten Sinne des Wortes - alles um das 1914 vom Architekten Bruno Taut (1889-1938) für die Werkverbundausstellung in Köln gebaute "Glashaus".

rezensiert von Sue Weyrich



     
  Beschreibung  
  Der teleskopartige Bau, das Glashaus, sollte auf der Werkbundausstellung als Pavillon der Glasindustrie, die Möglichkeiten moderner Glastechniken aufzeigen. Er war nur während der Dauer der Ausstellung in Funktion, überlebte den Weltkrieg noch als "Skelett" und wurde dann gesprengt. Das erklärt bereits die Schwierigkeit der Produktion dieser CD Rom: es gibt kaum gutes Bildmaterial zu dem Projekt, nur einige schwarz/weiß Aufnahmen, Berichte und eine Bauakte sind vorhanden.
Die mib GmbH hat sich daher die Aufgabe gestellt, die ursprüngliche Wirkung des Glashauses zu rekonstruieren und hat die Aufbereitung des Themas dem Medium CD angepasst. Das Bildmaterial der CD besteht daher vor allem aus Computergrafiken, Animationen, den Bauplänen und sehr vielen Vergleichen mit anderen Bauten und der Natur.

Auf der Startseite wird man vom "Glasbaukasten" von Bruno Taut begrüßt. Man kann nun zwischen vier Hauptgebieten der CD wählen: dem Glasbaukasten, Rundgang, Geistergespräch oder Atlas. Beim Rundgang kann man sich auf einen virtuellen Rundgang durch das Modellhaus begeben. Es erscheinen dabei viele Bilder, Texte, (3D)-Animationen... Beim Geistergespräch "fliegen" Zitate zur Beschreibung der Zeit, dem Geschehen, dem Bau etc. über den Bildschirm und im Atlas werden Motivketten aus der Natur Motiven des Glashauses gegenübergestellt. Zum Schluss gelangt man wieder zum Baukasten mit seinen bunten, geometrischen Glasfiguren zurück.

 
  Layout  
 

Das Layout besticht durch sehr viele Farben und Bewegung. Manchmal sind die Farben sogar so dominant, dass das eigentliche - das Gebäude - fast in den Hintergrund rückt. Doch schon der Titel "Bauen im Licht" weißt daraufhin, dass es hier, bei einem Bau vor allem aus Glas, insbesondere auch um die verschiedenen Licht - Farbreflexe geht.
Auf der Startseite wird man durch bunte, geometrische Formen (Glassteine) begrüßt, die sich ständig zu weichen Musiktönen verändern. Dies stellt den Glasbaukasten von Bruno Taut dar, mit dem auch heute noch "gespielt" werden kann. Faszinierend sind dabei die verschiedenen Zusammensetzungen und die Lichtreflexe der geometrischen Glasformen.
Im unteren Teil sind die Menuepunkte der CD Rom aufgeführt: Deutsch oder Englisch; Start, Quit; Hilfe; Impressum und Bausätze.

 
  Auf den folgenden Seiten übernehmen die Symbole Dreieck, Quadrat, Oktaeder und Kreis die Benutzerführung und das Fragezeichen führt direkt zur jeweils passenden Hilfeseite. Die "dahintersteckenden" Informationen, werden durch eine collageartige Zusammensetzung von Hintergrundbild und jeweils durch Mausklick darübergeblendeten Abbildungen und Texten vermittelt.  
  Benutzerführung  
  Der Informationsgehalt der CD Rom ist sehr groß, und man muss sich sehr viel Zeit nehmen, alle Möglichkeiten der CD zu entdecken. Unbedingt notwendig ist ausführliches Studieren der "Hilfe" - Datei auf der CD, bzw. des Inlays der CD-Hülle.
Es ist ratsam, nach der Sprachwahl mit dem Punkt Bausätze zu beginnen. Hier wird jeweils eine ausführliche Erklärung zu den vier Hauptthemengebieten der CD gegeben. Leider kann man die Texte nicht ausdrucken, sie werden auch nicht vorgelesen und es ist sehr anstrengend die kleine Schrift zu lesen, sie sind jedoch für das Verständnis der CD sehr wichtig und informativ.
Nun geht's zum Start. Durch Anklicken verschwinden die bisherigen Menuepunkte, dafür erscheinen unten links vier Symbole, die für die vier bereits genannten Hauptgebiete der CD stehen. Innerhalb der einzelnen Kapitel muss der Nutzer selbst durch Mausbewegungen und Anklicken von Texten, Bildern und Symbolen die Elemente aktivieren. Eine vorgegebene Reihenfolge existiert nicht. Dies erfordert eine sehr experimentierfreudige Nutzerhaltung.
 
  Intermedialität / Interaktivität  
  Das Gesamtkonzept der CD baut auf der Idee auf, Information mit den neuen multimedialen und interaktiven Möglichkeiten des Computers zu vermitteln: Die komplette CD ist in Bewegung, man fährt durch das Haus, das Geistergespräch zieht an einem vorbei, man springt durch die verschiedensten Verknüpfungen im Atlas und weiss nie so recht, wo man wirklich landet... Man fährt über den Plan der "Werkbundausstellung", und an der entsprechenden Stelle erscheint das Bild des dort damals stehenden Gebäudes, Auch Tondokumente lassen sich an verschiedenen Stellen öffnen, etc.
Diese wie viele weitere Animationen und Verknüpfungen lassen sich nicht drucken, und hiervon "lebt" diese CD.
 
  Wertung  
  Die CD Rom ist interessant, vielfältig, mit viel Animation, vielen Informationen, aber durch ihren experimentellen Charakter schwierig in der Handhabung, oft verwirrend.
Der Rezipientenkreis wird sich in Richtung "wirkliche" Interessenten für Architektur, Glaskunst und deren Verknüpfungen oder Zeitinteressierten finden. Jemand, der CD Roms nur als Computerspiele kennt, wird wohl keine rechte Freude daran haben. Es gibt zwar viel zu experimentieren und "spielen", ein wirkliches Ergebnis bzw. Ziel gibt es jedoch nicht. Dennoch darf der Nutzer auch nicht erwarten, in entspannter Konsumentenhaltung die wichtigsten Aspekte dieses Taut-Projektes vermittelt zu bekommen - ohne ein engagiertes Mitwirken und Mitdenken läuft bei dieser CD überhaupt nichts.
Man braucht sehr viel Zeit um mit der CD klar zu kommen, doch wenn man den Bogen raus hat, erfährt man sehr viel und hat Freude, immer wieder noch etwas Neues zu entdecken.
 
  Technische Daten  
 
Produzent/Herausgeber:

mib GmbH Berlin, Werkbund-Archiv Berlin, Martin-Gropius Bau

Erscheinungsjahr: 1994
Preis: 15 Euro
Erhältlich bei: www.mib-berlin.de
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Systemvorraussetzungen (Mindestanforderungen): Windows oder MacOS, 256 Farben:

 
  © Institut für Kunstgeschichte der LMU München, 9/2001