Weit über das Ziel hinaus...

Nur untermalende Zutat zum Ausstellungskatalog "Kunst und Industrie - Die Anfänge des Museum für angewandte Kunst in Wien" sollte diese CD-Rom sein. Bei weitem mehr hat man erreicht. Freuen Sie sich auf eine unterhaltsame und zugleich informative Annäherung an den Historismus, inklusive des Wiener Schmäh eines vergangenen Jahrhunderts.

rezensiert von Barbara Dellinger


     
  Beschreibung  
  Das Museum für angewandte Kunst in Wien zeigte vom 31.5. bis 17.9.2000 die Ausstellung "Kunst und Industrie. Die Anfänge des Museum für angewandte Kunst in Wien". Zusammen mit dem Ausstellungskatalog wurde diese CD-Rom herausgegeben. Ihre Aufgabe sah man darin, durch Texte und Bilder das Thema zu untermalen, jedoch keine "Darstellung der kompletten Geschichte der Museumsgründung oder gar eine Enzyklopädie des Historismus" (Ausstkat., S. 302) zu geben.
Den Anfang der CD-Rom bildet ein genereller Epochenüberblick zum Historismus. Ein Sprecher mit Wiener Dialekt stellt die Zeit dar, parallel werden Bilder gezeigt und Musik ist zu hören.
 
  Auf der Startseite angelangt, kann man zwischen zwei Hauptwegen wählen, dem chronologischen Weg zur Geschichte der Museumsgründung und dem stilgeschichtlichen Zugang über die Formensprache der Epoche. Der chronologische Weg erstreckt sich von der Weltausstellung in London 1851 über die Gründung des MAK hin zum modernen Historismus. Man kann die Geschehnisse nacheinander verfolgen oder bestimmte Punkte direkt angehen. Der stilgeschichtliche Weg bietet Unterpunkte zur Wesensart des Historismus, zu Vorlagenwerken und zum Stilpluralismus. Hier werden anhand von Ausstellungsstücken des MAK die verschiedenen Stilformen der Epoche gezeigt.
Bei allen Wegen finden sich zahlreiche Links zu den Biographien von Künstlern, Architekten und anderen historischen Persönlichkeiten.
 
  Layout  
  Das Layout mag auf den ersten Blick durch die schnelle Bewegung und collageartige Überblendung von Bildern und Textausschnitten verwirren. Dieser Eindruck wird aber nach kurzer Gewöhnungsphase widerlegt. Dezente Farben, eine klare Gliederung der Unterpunkte und eine gut lesbare Schrift bestimmen die Präsentation. Die moderne, puristische Formensprache bildet einen bewussten Gegenpol zu den Formen der vorgestellten Epoche. Auch der Einsatz der multimedialen Mittel, wie Film und Musik, beruht auf diesem Prinzip: Der behandelte Zeitraum wird überschritten, wenn sich in schneller Kameraführung, untermalt von jazzigen Rhythmen, Blicke aufs heutige MAK eröffnen.  
  Benutzerführung  
  Bei der Bedienung der CD-Rom bleibt der Benutzer ganz auf sich gestellt. Eine Hilfefunktion zur Erläuterung der Anwendung ist nicht vorhanden. Flexibilität und Vertrautheit des Benutzers mit CD-Roms werden vorausgesetzt.
Dennoch gestaltet sich die Nutzung letztlich sehr einfach, da der Aufbau einer linearen Struktur folgt. Man wählt zwischen den Wegen, kann aber über die Menüleiste immer wieder zur Startseite bzw. zum anderen Hauptweg gelangen. Gerade die anfangs irritierenden, durchlaufenden Texte ermöglichen einen Überblick darüber, an welchem Punkt man sich befindet.
 
  Intermedialität / Interaktivität  
  Die Intermedialität der CD-Rom lässt sich bereits im einleitenden Überblick erkennen. Die Quantität und das Nebeneinander verschiedener Medien, wie Film, Musik, gesprochene und eingeblendete Texte bestimmen das Konzept. Daraus resultiert ein anschaulicher Einblick in die Thematik, der den Nutzer schon insofern einbezieht, als dieser sich aus den verschiedenen Medien ein Gesamtbild erstellen muss. Damit werden die neuen Möglichkeiten einer CD optimal genutzt, der Informationssuchende aber auch durchaus mehr gefordert, als bei einem linear zu lesenden Buch.
Die Interaktivität der CD-Rom besteht neben der geforderten Auswahlleistung und geistigen Aktivität des Nutzers in der Möglichkeit der direkten Verbindung zur den Homepages des MAK und der Produzenten.
 
  Wertung  
  Ruft man sich nochmals vor Augen, dass die CD-Rom kein eigenständiges Produkt im Sinne einer ausführlichen Darstellung der Epoche des Historismus und der Gründung des MAK sein will, so muss man sagen, dass mit dem Ergebnis das Soll übererfüllt wurde. Durch kurze aber informative Texte und den vielfältigen Einsatz von Film, Ton und Bild bietet bereits die CD dem Benutzer ein umfassendes Bild der Thematik, ohne dass er Katalog oder Ausstellung gesehen haben muss.
Zwar wird vom Nutzer einiges verlangt, v. a. Vertrautheit mit der Navigation in Multimedia-Anwendungen sowie eine gewisse Vorbildung z. B. für die Ausführungen zum Stilpluralismus und vor allem ein grundlegendes Interesse an diesem doch recht speziellen Thema. Lässt er sich jedoch darauf ein, so kann er sich auf eine CD-Rom freuen, die sowohl informativ als auch optisch ansprechend und unterhaltsam ist.
 
  Technische Daten  
 
Produzent/Herausgeber: MAK, "die lockere gesellschaft - transfusionen"
Erscheinungsjahr: 2000
Preis: 99,- DM (inklusive Ausstellungskatalog)
Erhältlich bei: Buchhandel (ISBN: 3-7757-0985-1)
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Systemvorraussetzungen (Mindestanforderungen):
Arbeitsspeicher 2,24 MB
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PC
Mac
Prozessor
Pentium 90 MHz
68030 oder PPC
Graphik
256 Farben, 640 x 480 Pixel
256 Farben, 640 x 480 Pixel
Betriebssystem
Windows 95
8.x

 
  © Institut für Kunstgeschichte der LMU München, 9/2001